Position der Kampagne zu Fair Trade Produkten bei Lidl

Die Attac-Lidl-Kampagne fordert seit Sommer 2005 von Lidl Preis-, Umwelt und Sozialdumping zu beenden. Als eine Konkretisierung forderte Attac: Faire Preise für (alle) Bananen und Milch. Dank der kompetenten Unterstützung unserer Kooperationspartner AbL und BanaFair konnten wir gerade für diese Produkte die Folgen von Lidls Dumpingpolitik aus der Praxis heraus deutlich machen.

Jetzt will Lidl acht Produkte, unter anderem Bananen, mit „Transfair“-Siegel ins Sortiment aufnehmen. Da werden wir von vielen gefragt, wie wir die aktuellen Entwicklungen bewerten. Unsere Meinung:

+ Lidl kann sich nicht mit Nebelbomben aus der Verantwortung stehlen! +

Ende März: Der Hartdiscounter Lidl gibt zusammen mit der Siegel-Organisation Transfair eine Pressekonferenz und kündigt an, dass ab Juni acht Produkte (von rund 1.200 gelisteten) mit dem Transfair-Siegel in seinen Regalen stehen werden.

Zur gleichen Zeit wird bekannt, dass im Februar und März 2006 über 100 Menschen in vier Textilfabriken in Bangladesch bei Bränden und Gebäudeeinstürzen schwer verletzt wurden oder ums Leben kamen. Auch Lidl bezog Textilien aus diesen maroden Billigfabriken. Die Verhandlungen mit den Michbauern über existenzsichernde Milchpreise und alternative Angebote hat Lidl nach zunächst optimistisch stimmendem Interesse ergebnislos abgeblasen. Vermehrt riefen in den letzten Wochen Lidl-Beschäftige im Attac-Büro an und berichteten, dass nach einer kurzzeitigen Verbesserung des Arbeitsklimas im Herbst und Winter der Druck wieder stark zugenommen habe. Während bundesweit im Frühjahr 2006 die Belegschaften der Unternehmen turnusgemäß ihre (neuen) Betriebsräte wählen, gilt für Lidl weiterhin: Fast in allen Filialen sind Betriebsräte Fehlanzeige.

Dass diese Nachrichten innerhalb weniger Tage erscheinen, umreißt das Problem schon sehr gut: Lidl ist weiterhin ein skrupelloser Billig-Einkäufer auf den Märkten der Welt. Mit tödlichen Nebenwirkungen für Menschen und Umwelt. Mit Fußtritten für die ArbeitnehmerInnenrechte von der Produktionsstätte bis in die Verkaufsfiliale in der Bundesrepublik. Lidl bleibt ein exzellentes Beispiel dafür, welchen unmittelbaren, negativen Einfluss der Einzelhandel auf die Produktionsbedingungen weltweit ausübt.

Lidl hat zu spüren bekommen, dass VerbraucherInnen kritisch nachfragen. Die acht Transfair-Produkte bei Lidl sind jedoch nur dann zu begrüßen, wenn sie sich als Vorboten eines umfassenderen Wandels der Geschäftspolitik des Konzernes erweisen. Die Attac-Forderung nach fairen Preisen ist keineswegs mit ein paar Sonderprodukten neben der ganzen fatalen Billig-Logik des Discounters erfüllt! „Fair“ wird unglaubwürdig, wenn die Lidl-Beschäftigten am hiesigen Ende der Handelskette unter Bedingungen arbeiten müssen, wie sie das Schwarz-Buch von Verdi beschreibt und wie sie einen großen Teil des schlechten Rufes des Discounters begründen.

Jetzt ist höchste Vorsicht und eine kritische Begleitung der weiteren Entwicklung geboten: Es besteht die große Gefahr, dass Lidl die Transfair-gesiegelten Produkte wie Nebelbomben einsetzt. Dann wären sie kontraproduktiv. Die Diskussion um die Billigspirale und ihre Folgen für Menschen und Umwelt muss weitergeführt werden. Wir fordern eine grundsätzliche Änderung der Einkaufspolitik von Lidl und des Umgangs mit den Beschäftigten und ihren Rechten. Lidl kann sich nicht mit ein paar Trostpflastern für wenige ProduzentInnen aus der Verantwortung stehlen!

Für die Kampagnengruppe: Jutta Sundermann und Kay Schulze

12. April 2006

Die Position zum Download als pdf gibt es hier


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