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Oliver Moldenhauer, Kokreis, AG Welthandel, AG Wissensallmende

Wo können wir den Unterschied machen?

Zur strategischen Ausrichtung von Attac

Wir stehen vor einer neuen politischen Situation, die wir bei unsere strategischen Debatte berücksichtigen müssen. Stichworte hierzu:
• Große Koalition – Eine Chance, mehr Menschen für außerparlamentarische Arbeit zu motivieren.
• Entstehung der Linkspartei und ihr Erfolg bei der Bundestagswahl
• In der deutschen politischen Rhetorik ist „Soziale Gerechtigkeit“ wieder viel wichtiger geworden

Stärken und Schwächen
Wenn wir überlegen, wo wir einen Unterschied machen können, müssen wir uns darauf besinnen, was unsere Stärken sind, und was andere Gruppen und Organisationen besser machen können. Wir müssen uns bewußt sein, dass wir nicht die Gesamtbewegung sind, sondern nur ein – wenn auch wichtiger - Teil und im Rahmen der Arbeitsteilung überlegen, wie wir am besten für eine gerechtere Welt und gegen den Neoliberalismus agieren können.
Unsere Stärken sind m.E. insbesondere
• Hohe Glaubwürdigkeit.
Wir haben als Attac eine wesentlich höhere Glaubwürdigkeit und uns wird Sympathie entgegengebracht als Gewerkschaften, Linkspartei oder den explizit linksradikalen Gruppen
• Kompetenzwahrnehmen in internationalen Themen
Sei es Entschuldung, Welthandel, globale Steuern, G8 oder IWF und Weltbank. In diesen Bereichen wird uns besonders viel Kompetenz zugeschrieben. (Mal mehr mal weniger zutreffend.)
• Bündnisfähigkeit
Wir sind immer noch ein Netzwerk, dass schon in seiner Mitgliedschaft verschiedenste Bewegungen vereint, von Umweltverbänden über kirchliche Gruppen und Gewerkschaften bis zur radikalen Linken und haben damit ein einzigartiges Potenzial, Bündnisse zu schmieden und Protestaktionen zu organisieren.
Was wir hingegen vergleichsweise wenig haben, sind Geld und Massenmobilisierungsfähigkeit.

Gründe für den bisherigen Erfolg von Attac: Umfassende Analyse, konkrete Themen.
Die Lücke in die Attac 2001 gestoßen ist, war die umfassende Kritik an der neoliberalen Globalisierung, und zwar a) aus der Sicht der Interessen des Globalen Südens und b) aus der Sicht der Interessen der benachteiligten und prekarisierten hierzulande. Beide Aspekte gab es schon vorher, z.B. in der Entwicklungsszene oder in den Gewerkschaften, aber Attac ist es in besonders erfolgreicher Weise gelungen, beides miteinander zu verknüpfen. So sind wir in der Lage Menschen über zwei Motivationsquellen anzusprechen, über die globale Solidarität wie über die Entscheidungen die ihr Leben direkt betreffen. Auch für unsere Rolle in der öffentlichen Debatte sind beide Aspekte wichtig: Einerseits kann uns niemand nationale Borniertheit vorwerfen und andererseits können bei vielen wichtigen innenpolitischen Fragen intervenieren.

Gefahren für Attac: Eine Ausrichtung vernachlässigen.
Wenn wir uns nur um die Vertretung berechtigter Interessen der Menschen hierzulande kümmerten, würden wir viele AktivistInnen verlieren. Für unsere Wirksamkeit im öffentlichen Diskurs wie für unsere Bündnisfähigkeit wäre es fatal, wenn durch eine solche Ausrichtung der Eindruck entstünde, dass wir einfach zu einer „me-too“-Bewegung werden, die das gleiche vertritt wie Gewerkschaften oder Linkspartei.
Wenn wir uns hingegen alleine zu VertreterInnen der Interessen der Menschen des Südens machen würden, würden wir ebenfalls viele AktivistInnen verlieren, außerdem könnten wir viele Menschen nicht erreichen und für den Anti-neoliberalen Kampf gewinnen, die gerade dadurch angesprochen werden können, dass sie direkt betroffen sind.
Was leicht übersehen wird ist, dass eine Ausrichtung mit alleinigem Schwerpunkt auf die aktuellen Kämpfe dazu führen würde, dass wir uns hauptsächlich mit Fragen beschäftigen würden, die die Menschen hierzulande betreffen. Daher heisst ein konsequentes Eintreten für die Interessen der Menschen im Süden auch, dass wir unsere eigenen Themen setzen müssen, auch wenn nicht absehbar ist, dass wir dafür zahlreiche Bündnispartner kriegen und Großdemonstrationen organisieren können.

Fazit: Balance wahren
Um mit Attac weiter attraktiv und erfolgreich zu sein, müssen wir es schaffen, die Balance zu wahren, müssen wir eigene Themen setzen, aber uns auch an den jeweils brisantesten Kämpfen beteiligen; müssen wir Kampagnen fahren, die sich eher für die berechtigten Interessen der Prekarisierten hierzulande einsetzen und solche, die Themen und Forderungen betreffen, die den Menschen in Deutschland nichts nutzen, aber für den globalen Süden von enormer Bedeutung sind; müssen wir Abwehrkämpfe mit reinen Anti-Forderungen wie „Hartz IV muß weg“ führen und an Alternativen arbeiten, wie am Grundeinkommen oder an der Tobin-Steuer.
Nur so können wir Glaubwürdigkeit, Kompetenzwahrnehmung und Bündnisfähigkeit erhalten.

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