Call for Statements
Diskussion
Beitrag von Marianne Wildberger zum "Call for statements"
1./2. Die spezifische Rolle von attac sehe ich in einer Bündelung von Alternativen zur gegenwärtigen Entwicklung in Politik und Wirtschaft. Es herrscht (zurecht) eine grosse Politikverdrossenheit und Resignation. Enttäuschung auch in Bezug auf mögliche, demokratische Einflussnahmen. Es gilt, emanzipatorische Vorschläge zu einer Selbstbestimmung von unten zu entwickeln und den Menschen wieder Hoffnung auf Veränderungsmöglichkeiten zu geben. Die Unglaubwürdigkeit der Politik, zeigt sich immer wieder, gerade in Zeiten von Wahlen. Das Aufdecken der Diskrepanz von Aussagen vor und nach der Wahl und das Behaften gewisser PolitikerInnen auf ihre Versprechungen, sozusagen eine basisdemokratische Kontrolle schaffen, den Machtmenschen auf die Finger gucken, sehe ich auch als eine mögliche Aufgabe von attac. Informieren und aufdecken also. Und eben avantgardistisch neue Wege und Problemlösungsstrategien und Methoden entwickeln und verbreiten. (z.B. Konsensprinzip, anderer Ungang untereinander ....)
3. Unsere wichtigsten PartnerInnen sind sicher "Abtrünnige"aus Parteien und
Gewerkschaften, "aufgewachte" kritische Menschen und die Hoffnung, dass eben
die Mehrheit der Menschen erkennt, dass da etwas faul ist, mit der
neoliberalen Globalisierung, die eben nur wenigen nützt und die grosse
Mehrheit darunter leidet. Ich glaube, dieses Bewusstsein ist weit
verbreitet, die meisten leiden z.B.unter der heutigen Arbeitssituation, ob
sie nun (zuviel) Arbeit haben und sehr unter Druck stehen, oder ob sie
arbeitslos sind und nicht mehr in den Arbeitsmarkt reinkommen. Hier sind
ganz neue Modelle gefragt, damit könnten wir wahrscheinlich viele Leute
erreichen, weil es sie direkt persönlich betrifft und daran aber, ganz
wichtig, müssten wir die globalen Zusammenhänge aufzeigen!
Unser Hauptthema ist und soll nach wie vor UMVERTEILUNG sein! (Steuern,
Privatisierung, Welthandel, Frieden, Basisdemokratie.....alles hat mit
Umverteilung und Gerechtigkeit zu tun) Auch hier sollten wir Zusammenhänge
globaler Politik und Wirtschaft aufdecken, entlarven und runterbrechen auf
lokale Zusammenhänge. Auswertung und Verbreitung von
Globalisierungserfahrungen. Was heisst das für die Menschen vor Ort konkret,
- hier wie in der sog. 3. Welt! Das Ziel muss sein, dass die
Grundbedürfnisse aller Menschen, als Menschenrecht sozusagen, weltweit
gestillt werden können (was ja heute auch möglich wäre!) Das sehen auch
(fast) alle ein und nur darüber, d.h wie wir dahin kommen, muss im Grunde
diskutiert werden!
4. Unsere Stärke ist wahrscheinlich, dass wir keine handfesten Interessen, keine persönlichen materiellen Vorteile aus unseren Forderungen ziehen können. Misstrauen und -gunst entsteht vor allem da, wo die Menschen in Konkurrenz zueinander stehen (müssen), in Hierarchien....Wir reden und handeln lediglich aus Überzeugung und Idealismus und aus der Einsicht heraus, dass wir neue Wege und Möglichkeiten brauchen, sonst droht uns ALLEN der Abgrund/ Kollaps! In der Beziehung ist das TINA-Prinzip eher angebracht. Wir gewinnen persönlich nichts, wenn wir die multinationalen Konzerne, die Monopolisierung und Globalisierung der Wirtschaft kritisieren - insofern haben wir auch nichts zu verlieren, -das ist unsere Glaubwürdigkeit, unsere Macht!?
5. Die bisherige Praxis, finde ich , hat sich bewährt. Einzelne Personen können sich auch parteipolitisch engagieren, aber insgesamt soll unsere Rolle weiterhin eine beratende, begleitende kontrollierende bleiben und wir verstehen uns klar als ausserparlametarische oppositionelle Bewegung! Zusammenarbeit ja, aber nicht einvernehmen lassen! Nur so können wir bei den oft geäusserten Empfindungen der Menschen:"die da oben machen sowieso, was sie wollen" oder "wir haben ja doch keinen Einfluss"... anknüpfen und ebensolche Menschen auf unsere Seite holen!
6. Die Arbeit bei attac könnte lustvoller (keine endlosen Debatten und gereizten Diskussionen) , lockerer, der Umang untereinander manchmal netter sein! Unterschwellige Hierarchien müssten zumindest aufgedeckt und bewusst gemacht werden. "Neulinge" mehr unterstützt und weniger abgeschreckt werden! Vielleicht erfinden wir ja neue befriedigendere Arbeits- und Umgangsformen, neue Streitkulturen...!? Attac steht ja in einem dauernden (Lern)prozess......!
Soweit so gut! Ich bin gespannt auf die Diskussion!
Hamburg, 21.10.2005
Marianne Wildberger