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Hardy Krampertz
Global denken, lokal agieren - oder wie schaffen wir ein globales Handeln
Wie weiter mit einer Regierung, deren Koalitionspartner im Kern neoliberal sind, sich aber nicht so richtig mögen? Nun, mögen muss nicht die Triebfeder einer Beziehung sein, Widerstände schleifen sich ab, dies kennen wir und zuletzt steht gemeinsames Handeln zum Wohle des häuslichen Etats und zur Mehrung des Besitzstandes im Vordergrund. Diese Regierung wird nicht anders verfahren. Sie wird ihre und die Besitzstände ihrer globalen Verbündeten mehren und unsere schmälern. Noch befinden wir uns im dichten tagespolitischen Nebel. Nur wenige schwache Lichter weisen eine Richtung. Aber seien wir gewiss, die Regierung wird schon bald ihrer Aufgabe folgen, das alles durchdringende System des freien globalen Marktes zum Wohle der transnationalen Konzerne auszubauen. Die Richtung ist vorgegeben, aber nicht alternativlos.
Im Mittelpunkt unserer kurz- und mittelfristigen Aktivitäten werden meiner Einschätzung nach der weitere Sozialabbau, die Energie- und Ökologiefrage, Steuern - national wie international und Themen aus der EU, wie Bolkestein und auch die Verfassung stehen. Einige davon werden den Anschein nationaler Abwehrkämpfe haben und dies hat in der Vergangenheit auch Unmut hervorgerufen, meiner Ansicht nach selten zu recht, dennoch muss gesehen werden, dass zumindest die globale Perspektive in vielen Fällen nicht hinreichend sichtbar erarbeitet und vermittelt wurde. Das hier offensichtliche Dilemma aufzulösen erscheint aber nicht einfach und setzt vermutlich auch einen Perspektivenwechsel voraus. Eine genauere Analyse und Betrachtung lokaler und globaler Abwehraktivitäten unter dem Paradigma einer schon in Ansätzen vollzogenen Transformation des Nationalstaats zu einem Ordnungsinstrument globaler transnationaler Weltstaatlichkeit scheint mir von Nöten. Zwei Fragen möchte ich hier stellen, die einer Antwort bedürfen:
1. Welche Bedeutung erlangen lokale Aktivitäten in einer schon längst globalisierten Welt, deren wirtschaftliche und auch politische Organisation sich nicht kaum mehr an nationalen Interessen orientieren?
2. Müssen wir nicht in den lokalen und nationalen Abwehrkämpfen vor Ort immer wieder die Folgen der Globalisierung enthüllen, unsere Sicht zeigen und die komplexen Themen vermitteln?
Es liegt auf der Hand, dass Demonstrationen und Aktionen gegen die WTO, den IWF, die Weltbank oder die G 8-Gipfel, aber auch gegen andere Gremien und Zusammenkünfte der Globalplayer lokal und global organisiert den Charakter von globalen Aktionen haben – obwohl sie doch in Hong Kong, Gleneagles, Seattle oder sonst wo auf der Welt stattfinden. Der Adressat der Aktionen ist international organisiert und von daher als Akteur in der internationalen Sphäre klar erkennbar. Wie verhält es sich aber mit den Vorständen von General Motors, von Daimler Chrysler oder einem Ackermann, dem Stellenabbauer bei der Deutschen Bank, wenn sie im Namen der globalen Wirtschaft Maßnahmen beschließen, die den Widerstand lokaler bis nationaler Akteure hervorrufen? Wenn die ArbeiterInnen von Opel-Bochum dem transnationalen Konzern widerstehen, dann ist dies kein nationales Ereignis mehr, sonder trifft den Konzern als Ganzen. Der Adressat von Aktionen, sind aber auch die vielen Menschen die verstehen: es lässt sich etwas ausrichten! Der globale Markt kennt keine Grenzen mehr, dies zu akzeptieren heißt auch sich von nationalen Abwehrkämpfen zu verabschieden. Das Schleifen des Sozialstaates geschieht im Namen der transnationalen Konzerne, die Hebel sind WTO und Gats.
Festzustellen bleibt, dass die Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Wie bei Opel geschehen, wurden nun die Kolleginnen und Kollegen von VW Wolfsburg gegen die Kolleginnen und Kollegen von VW Portugal ausgespielt. Es ist zudem eine bittere Ironie, wenn dem VW Werk in Wolfsburg die Produktion eines neuen Modells mit der Maßgabe der Lohnkürzung zugeteilt wird, die IG Metall das Paket als Arbeitsplatzsicherung verkauft und nur in einer kleinen Randbemerkung in einem Radiobeitrag ein Kollege von VW Wolfsburg die Hoffnung formulieren darf, dass doch bitte die Kolleginnen und Kollegen in Portugal auch etwas bekommen.
Auch wenn das Nationale noch stark in unseren Köpfen verankert ist und es immer noch gelingt Menschen mit nationalen Argumenten wie Standortsicherung gegeneinander auszuspielen müssen wir erkennen, dass jede Aktion, jeder Streik, jeder Kampf auch eine Aktion, ein Streik, ein Kampf gegen die globalen Player ist. An jedem Ort dieser Welt muss sich der Widerstand gegen den Konzern-Kapitalismus und die damit verbundene soziale, ökologische und kulturelle Krise formieren. Negri/Hardt begreifen das Empire als ein Netzwerk, dass die Welt umsponnen hat. An jeder Stelle ist dieses Netz angreifbar, lokal wie global. Attac erwächst hier die Aufgabe sich als lokaler wie globaler Akteur gleichermaßen zu positionieren. Aufklärung und Aktion müssen zugleich erfolgen. Die lokalen Abwehrkämpfe müssen eine Schule für globale Abwehrstrategien sein. Der Kampf gegen Sozialabbau und Lohndumping muss verbunden werden mit dem Widerstand gegen den G 8-Gipfel in Heiligendamm 2007. Nationale, wie internationale Netzwerke müssen aufgebaut und gefestigt werden, damit in Zukunft an vielen Orten von verschiedenen Akteuren das globale Netz gleichzeitig angegriffen werden kann.
Es gibt viel zu tun, packen wir es an!