Call for Statements
Diskussion
Hallo zusammen,
zu Beginn möchte ich erstmal ein großes Lob für die Idee des „Call for statements“ los werden. Endlich eine Möglichkeit auch der theoretischen Mitarbeit. Ich werde die auf der Website gestellten Fragen nacheinander durchgehen und die Antworten dem- entsprechend nummerieren:
1.Es gibt meiner Meinung nach zwei „wichtigste“ Aufgaben von Attac in der gegenwärtigen Situation. Nämlich das Informieren, sagen wir vielleicht besser „wachrütteln“ und das Zusammenführen, das Vereinen verschiedener Gruppen und Einzelpersonen mit verschiedenen Hintergründen aber dem einen großen Gemeinsamen: einer kritischen Haltung gegenüber der momentanen Gestaltung von Globalisierung und deren massiven Auswirkungen hinein in das Leben jedes Einzelnen.
2.Zur momentanen Entwicklung dieser beiden Punkte: Meiner Meinung nach stockt es bezügliches des breitenwirksamen Informierens nach wie vor, da leider oft die Methoden der Informationsstreuung zu kurz greifen. Ich sehe die Ursache hierfür vor allem in der sich in vielen Köpfen fester setzenden Liberalisierung, einer Art entstehenden „Sozialdarwinismus“. Jeder fühlt sich für sein Schicksal selbstverantwortlich und sucht deshalb auch alleine nach Auswegen aus seiner Misere. In Kampagnen wie der aktuellen „Du bist Deutschland“ zum Beispiel wird diese Haltung gestützt. Es wird suggeriert, dass bei angeblich gleicher Chancenver- teilung jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und wer auf seinem Weg irgendwo irgendwann scheitert, selbst schuld und somit ein Versager ist, der nur nicht alles versucht, sich nicht genug angestrengt hat. Denn ein als Vorbild dargestellter Herr Ackermann zum Beispiel hat es ja schließlich auch geschafft. Somit fehlt Attac nach wie vor die wirkliche breite Massenbeteiligung, die, um auch den Pathos zu bedienen, in den Herzen der Menschen stattfindet. Einer Gesellschaft, die aufsteht und gegen bestehendes Unrecht laut wird, darauf hinweist und zur Veränderung zwingt. Damit das möglich wird, müßte meiner Meinung nach der von mir dargestellte Zusammenhang zwischen Liberalisierung der Lebensverhältnisse und dem Mangel an politischer Aktivität, Beteiligung und Mitbestimmung öffentlich aufgedeckt werden. Der Mensch muss sich wieder mehr als gesellschaftliches Wesen begreifen, dass auf die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt mit Anderen angewiesen ist, zum Einen, um sich Gehör verschaffen zu können, eben zum Beispiel bezüglich der Wirksamkeit der Globalisierungskritik, aber zum Anderen auch und vor allem einfach um glücklich sein zu können. D.h. mehr Aufklärung über diese Zusammenhänge tut Not und könnte die Breitenwirksamkeit der Attacöffentlichkeitsarbeit auf Dauer sozusagen indirekt erheblich erhöhen.
3.Hier kenne ich mich zu wenig aus und will daher kein Statement dazu abgeben.
4.Meiner Meinung unbedingt alle WTO Treffen, Verhandlungen usw. um den globalen Zusammenhang immer mehr in den Mitttelpunkt des öffentlichen Interesses zu bringen. Um dies für den Einzelnen erlebbarer zu machen, muß das Große auf das Kleine, die Lebenswelt jedes Einzelnen heruntergebrochen werden. Zum Beispiel wäre eine Aktion bei jeder „Massenentlassung“ wünschenswert, um den Arbeitern deutlich zu machen, wo und warum wieder eingespart wird und wo die Gelder hingehen, indem man zum Beispiel die Renditen und Ausschüttungen der Unternehmensaktien gemeinsam unter die Lupe nimmt. Auch die Reaktion des Aktienkurses des Unternehmens wäre hier sicher interessant. Solche Aktionen wären zum Beispiel bei Opel und der deutschen Bank sinnvoll und wünschenswert gewesen, da hier der Unmut der Bevölkerung ohnehin schon groß war, aber nicht kanalisiert wurde. Somit halte ich es als Folge dessen auch für nötig, enger mit den Gewerkschaften als Vertreter der Arbeiterschaft zusammenzuarbeiten. Allerdings mit der Einschränkung, sie nicht zum „Hindernis“ auf dem Weg zum Arbeiter werden zu lassen. Denn im Streit um den Erhalt weniger Arbeitsplätze mit den Arbeitgebervertretern sind meiner Meinung nach auf Seiten der Gewerkschaften schon große Stücke geopfert worden und die Vertretung der allgemeinen Interessen der Arbeiterschaft ist stellenweise nicht mehr gesichert.
5.Die Besonderheit liegt für mich in der Vernetzung und somit in der Zusammenbringung unterschiedlicher Strömungen zu einem gemeinsamen Ziel: der bürgernahen Mitgestaltung der Globalisierung und der Kritik an den momentan beschrittenen Wegen. Aus der Netzwerkrolle heraus, kann eine verhältnismäßige große Unabhängigkeit und damit auch weitergehende Objektivität gewahrt werden, was Attac besonders glaubwürdig und somit hörenswert macht.
6.Auch wenn die Fragestellung mit den Worten „...und wie gewichten wir Beides?“eigentlich schon vorweg nimmt, dass auch eine Zusammenarbeit mit der Parteienpolitik für nötig erachtet wird, bin ich der Auffassung: umso weniger Partei umso besser für Attac und die gesamte globalisierungskritische Bewegung. Die Politik ist für mich enttarnt als weitestgehend fremsbestimmtes „Marionettentheater“. Kein Politiker ist nur seinem Wahlkreis und seinem Gewissen verantwortlich, auch wenn das vom Grundgesetz so gefordert wird. Er unterliegt fast immer dem Fraktionszwang und sicherlich vielerlei andere Zwänge, die politisch und finanziell auf ihn ausgeübt werden. Außerdem sind viele, meiner Meinung nach leider inzwischen die meisten, Politiker das Paradebeispiel dafür, wie Mensch NICHT sein sollte, nämlich unehrlich. Auch die Ellbogenmentalität und das emotionale Diskutieren, dass dieses Wortes eigentlich unwürdig ist, da es nur aus dem Schlechtmachen des Gegenübers besteht, sind für mich Negativbeispiele, warum man sich weitestgehend aus dem klassischen politischen Geschäft heraushalten sollte. Übrigens auch mit Wahlempfehlungen, was mir angesichts der Bundestagswahl sehr gut gefallen hat!
Wer einmal in den falschen Zug eingestiegen ist, kann in der fahrenden Bahn noch solange entgegen der Fahrtrichtung rennen, er wird sich am Ende sicher in der falschen Stadt wiederfinden ;-)
7.Siehe oben...
8.Ich möchte an dieser Stelle die engere und vorallem öffentlich „zur Schau“ gestellte Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Globalisierung anregen. Zu nennen wäre hier zum Beispiel der Soziologe Beck, der mit seinen Veröffentlichungen durchaus als in Deutschland richtungsweisend gelten muss. Dies würde, wenn sich die Standpunkte vereinen lassen und das Interesse besteht, zu einer öffentlichen Aufwertung von Attac beitragen und der Masse der Bürger mehr das Gefühl geben, dass „die wissen, um was es geht“. Image ist heutzutage ja leider alles.
Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung, einen klitzekleinen Beitrag zum Besseren geleistet zu haben,
Dominik Wind.