Call for Statements
Diskussion
Bettina Voß, attac Regensburg
1. Attac ist vor 5 Jahren aufgrund einer bestimmten Idee in Frankreich ins Leben gerufen worden. Diese Idee (Finanztransfers zu besteuern) müsste eigentlich Programm (Schwerpunkt!) sein. Diese ursprüngliche Idee wird immer mehr aus den Augen verloren.
Attac müsste sich thematisch besser abgrenzen, dürfte sich nicht Themen zu eigen machen, die von anderen Organisationen, Gewerkschaften und/oder politischen Parteien bearbeitet werden. Wenn ich in dem Protokoll der Sitzung zur Schwerpunktfindung über „mögliche Entwicklungen, auf die Attac mit einer Schwerpunktsetzung kurzfristig reagieren müsste (kein Anspruch auf Vollständigkeit) lese: Einstieg in den Atomstaat durch die neue Regierung, Verschärfung der sozialen Auseinandersetzungen, Verschärfungen in den Auseinandersetzungen zwischen AG und AN, Verschärfte Entdemokratisierung der Politik, massive Privatisierung öffentlicher Güter, Verschlechterung / massive Verteuerung der Bildungsangebote“, dann denke ich nicht an einen „Bauchladen“, sondern an Verzettelung/Beliebigkeit der Themen, dann sollte attac nicht sein Logo ändern, sondern auch seinen Namen (aktuelle tolle Themen auf Cnopfdruck - Tschuldigung ist mir gerade so eingefallen).
2., 3.
Attacs Hauptkritik wendet sich gegen den Neoliberalismus, mit dem die Globalisierung vorangetrieben wird. Der Neoliberalismus verschärft sich weltweit immer mehr. Von daher dürfte Attac nicht an Bedeutung verlieren, sondern müsste immer mehr an Bedeutung gewinnen. Vielleicht kann attac durch ein eindeutigeres Profil wieder mehr an Bedeutung und damit auch mehr Mitglieder gewinnen. Internationale Steuern sind ein wichtiges Thema, WTO, EU, globale soziale Rechte.
Lidl ist exemplarisch für die Auswüchse des Neoliberalismus. Hierbei sind es weniger die Arbeitsbedingungen bei Lidl (Gewerkschaften) als Herkunft und Produktionsweisen nicht nur der Nahrungsmittel sondern auch der zunehmend mehr vermarkteten Billigprodukte, die andere Geschäfte kaputt machen. Was werden die langfristigen Folgen dieser Billigdiscountketten sein? Wie greenpeace eine Übersicht über Produkte und Hersteller gentechnisch manipulierter Nahrungsmittel herausgegeben hat, müsste attac eine Broschüre darüber herausgeben wo und wie Produkte hergestellt werden, wo bei der Herstellung gegen Menschenrechte, Ökologie und nationale Wirtschaftsinteressen verstossen werden (wer weiß beim Kauf von Krabben, dass sie vielleicht aus Bangladesh kommen, und dass damit die Existenz von vielen einheimischen Bauern bedroht werden, indem deren Felder für die Krabbenzucht von Salzwasser überflutet worden sind). Ein solcher Einkaufsratgeber würde das Kaufverhalten beeinflussen......
4.,5.
Attacs spezifische Stärke ist als außerparlamentarischer Organisation seine Unabhängigkeit in Meinungsbildung und Meinungsäußerung….
6.
attac wird nicht nur durch seine Inhalte definiert, sondern auch ganz wesentlich durch die verschiedenen Personen, die bei attac aktiv sind. Das ist sehr fruchtbar, bringt natürlich aber auch Konflikte mit sich.
Als ich anfing mich für attac aktiv zu interessieren, dachte ich, das optimale Mitglied wäre ein arbeitsloser Ökonom. Ich merkte ziemlich schnell, dass mir der politische und inhaltliche Hintergrund und vor allen Dingen Zeit fehlte. Ich war, zumindest in den letzten Jahren, nicht politisch aktiv und daher fehlt mir die entsprechende Sozialisation. Das inhaltliche Defizit ist durch Lesen kompensierbar, aber reicht das, wenn sowieso die Zeit nicht reicht? So bin ich ein halb aktives Mitglied geworden….
(Trotzdem) einige Anmerkungen:
Es besteht eine große Diskrepenz zwischen den z. T. sehr aktiven überregionalen Gruppen (Rat, Kokreis, AGs) und den regionalen Gruppen. Beinahe alle regionalen Gruppen beklagen einen Mitgliederschwund (siehe Regionalgruppentreffen auf der Sommerakademie in Göttingen). Die einzelnen Regionalgruppen beschäftigen sich meist hauptsächlich mit Problemen vor Ort oder Kampagnen, und es ist schwierig sich an Themen, die überregionale AGs behandeln, zu beteiligen. Da wären Hilfestellungen/Brücken von Nöten.
Der Hamburger Ratschlag war mein erster Ratschlag (der mich angesichts mancher Konflikte ratlos werden ließ, mich aber auch manchmal förmlich erschlug).
Vielleicht wäre für Ratschlagserstbesucher eine Art Handbuch ganz hilfreich (das sich der nehmen kann der möchte). Warum wird der Ratschlag überhaupt veranstaltet, was hat es mit den vielen Anträgen auf sich, wie funktioniert das Konsensprinzip, wie funktionieren die Wahlen, welche Aufgaben hängen ganz konkret an den einzelnen Ämter…