Call for Statements
Diskussion

Beitrag von Alwine Schreiber-Martens zum "Call for statements"

Ressourcengestütztes Grundeinkommen

Damit ist ein bedingungsloses Grundeinkommen gemeint, das aus Ressourcenabgaben, genauer als Ressourcenumlage, finanziert wird. Seine Höhe liegt nicht eindeutig fest.

Was ist damit gemeint?

Zur Erklärung sei die bisherige Ökosteuer betrachtet. Sie belastet durch eine Erhöhung der Mineraölsteuer den Verbrauch fossiler Energieträger und zusätzlich speziell den Verbrauch von Strom, egal wie erzeugt. Sie ist wie die Mehrwertsteuer eine Verbrauchssteuer. Ihr Aufkommen “deckelt” die Beitragssätze zur Rentenversicherung. Allen Verbrauchssteuern ist gemeinsam, dass “Steuerflucht” recht schwierig ist. (Deshalb sind Fluchtmöglichkeiten auch als Ausnahmen für den Großverbrauch gleich ins Ökosteuer-Gesetz eingebaut!)

Wo liegen also Stärke und Schwäche der Ökosteuer?

Ihre Stärke ist: einfache Erhebung und gezielte Lenkungswirkung

Die Schwäche ist die Verwendung. Warum?

Die Verwendung begünstigt die Menschen ungleich: Von der Deckelung des Beitragssatzes z. Rentenversicherung profitieren generell hohe Einkommen mehr als niedrige. Weiterhin: Wer in der Gegenwart nicht in die Rentenversicherung einzahlt, hat nur die Last und nicht den Vorteil. Die Last ist bei Leuten mit niedrigem Einkommen, bei Familien mit Kindern, auch bei Rentnern stärker spürbar: Sie verwenden relativ mehr vom Einkommen für den Konsum.

Und diese “Lastenverteilung” begünstigt den Einbau der Ausnahmen: Die “Erstverbraucher” von Energie, nämlich die Industrie, argumentiert mit den Kosten und hat damit politisch zwei Druckmittel in der Hand: Arbeitsplätze und Kosten für die Verbraucher, denn Kosten in der Produktion werden IMMER an die Käufer der Produkte weitergegeben (sonst schließt der Laden, früher oder später, so oder so!).

Änderungen müssen also in der Verwendung der Ökosteuer ansetzen.

Sollte das Steueraufkommen für die Reparatur der Schäden verwendet werden?

Zwei Gründe sprechen dagegen:

Die (Unmöglichkeit der) Bezifferung der Schäden (Was kostet der Klimawandel? Und eine ausgestorbene Art?) sowie die politische Durchsetzbarkeit.

Die Schäden fallen weltweit an, Reparatur ist oft unmöglich. Diese Kosten können (fast) nicht beziffert werden. Daneben ist aber die Verhinderung weiterer Schäden vordringlich. Dafür muss die Steuer spürbar hoch sein, und die Last tragen die Konsumenten. Sie sind auch das Wahlvolk und gegen sie ist die Steuer in einer wirksamen Höhe nicht durchsetzbar.

Ausserdem gibt es einen menschenrechtlichen Grund für die gleichmäßige Verteilung: Die Naturressourcen sind für die Menschheit insgesamt kostenlos, und alle haben ein gleiches Anrecht auf die Nutzung! Dieses gleiche Nutzungsanrecht kann nicht “physisch” durchgesetzt werden, aber in einem gleichen Geldbetrag kann man es realisieren!

Genau hier setzt die vorgeschlagene Verwendung als bedingungsloses Grundeinkommen an: Es verteilt die Vorteile direkt und sofort alters- und einkommensunabhängig gleichmäßig pro Kopf und ermöglicht damit die politische Durchsetzung. Natürlich kommt dann relativ bei den niedrigen Einkommen und bei Familien mehr an!

Und auch ganz klar: ALLE müssen die “Gutschrift” erhalten, also auch jedeR hier lebende AusländerIn! (NB: somit ein weiterer Grund für “Kein Mensch ist illegal”, d.h. für die Legalisierung aller hier lebenden “Illegalen”!).

Die Auswirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens (GE) – nicht notwendig existenzsichernd! – und die Besteuerung unterschiedlicher Naturressourcen wird im Folgenden sehr knapp betrachtet.

(A) Relativ schnell werden die Löhne um die Höhe des GE sinken. Trotzdem bewirkt dies keine Einbußen an Wohlstand, denn das verfügbare Einkommen sinkt nicht. Durch die vorgeschlagene Finanzierung steigen nicht alle Preise! Sinkende Lohnkosten und trotzdem nicht-sinkende Binnenachfrage sorgen eher für mehr Nachfrage nach Arbeitskräften. Die Diskussion um Arbeitszeitverkürzung erhält einen Schub, denn Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich wird diskutabel.

(B) Die Nutzungs-Besteuerung DER Naturressource schlechthin, nämlich des Bodens, kann durch eine Weiterentwicklung der jetzigen Grundsteuer zu einer BodenWERTsteuer geschehen. Die Fachleute in den Kommunen wissen um die städtebaulich günstige Wirkung dieser Änderung schon lange!

(C) Durch die Rückverteilung kann die jetzige Ökosteuer in ihrer Belastung fossiler Ressourcen auf eine wirksame Höhe angehoben werden.

(D) Im europäischen Rahmen kann der skizzierte Gedanke zu einer Reduzierung der Agrarsubventionen führen. Dies ist für eine ökologische Wende weltweit dringend geboten.

(E) Im internationalen Rahmen ist das Kyotoprotokoll kritisch zu betrachten: Nicht wegen der Handelbarkeit der Zertifikate, sondern weil die nur für die wegfallenden gilt!. Der Löwenanteil wurde kostenlos ungerecht verteilt! Durch Versteigerung ALLER Zertifikate an internationalen Börsen und Rückverteilung des Erlöses weltweit wird ein bedingungsloses Grundeinkommen weltweit angeschoben!

Schritte in diese Richtung sind natürlich auch internationale (Ressourcen-)Steuern in Form von z.B. Flugticketabgabe o.ä.

Grundlegend ist dabei immer die Verwendung des Steueraufkommens als Umlage gleichmäßig pro Kopf. Natürlich führt dies zu weltweiter Umverteilung!

Der hier skizzierte Vorschlag beantwortet die gestellten Fragen in folgender Weise:

1.(Aufgabe): Lernprozesse zu Verteilungsmechanismen ermöglichen: (A), (B)

2.(Situation): Erwerbslosigkeit, Wachstum vs. Verteilungsprobleme: (A), (B), (C), (D), (E)

3.1(Partner): Gewerkschaften, Arbeitslose, generell Lohnabhängige: (A); Ökologie- bzw. Friedens- und Menschenrechtsgruppen: (B), (C), (D), (E); Fachleute in den Kommunen: (B)

3.2(Themen): Das GE ist nicht wirklich neu (z.B. KAB seit 30 Jahren), aber faszinierend für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen; Finanzierung: speziell Ökologie-Bewegung; der gesamte Vorschlag realisiert Nachhaltigkeit = Ökologie & Ökonomie & Soziales; er kann schrittweise national, europäisch und weltweit angegangen werden!

4.(spez.Stärke): Vernetzung verschiedener Richtungen: der Vorschlag tut dies hervorragend. Das “Ausschließungskriterium” ‚Kein Mensch ist illegal‘ ist ganz klar unterstrichen!

5.(Parteien): die nehmen auf, was “geht”; wir geben von “außen” neue Denkanstöße.

6.(Änderungen innerhalb A.): Diskussion “unkonventioneller” Ansätze – unter strikter Beachtung des oben genannten Ausschließungskriteriums.

7.(Weiteres): –

 

Köln, 17.10.05  Alwine Schreiber-Martens