Aktuelle Einschätzungen
Die Ereignisse
vom Frühjahr wiederholen sich. Damals wurde unverblümt
behauptet, die Bolkesteinrichtlinie sei vom Tisch, während die
Kommission ihren Vorschlag unverändert weiter vorantrieb. Das gleiche
geschieht jetzt wieder, was zeigt, dass unsere Kampagne nicht ganz ohne
Wirkung ist, aber noch viel zu tun bleibt. Insbesondere müssen alle
aufgeklärt werden, was in Brüssel gerade wirklich passiert..
Die FAZ berichtet heute schon von einer angeblich völlig entkernten
Richtlinie. Betrachtet man die tatsächlichen Änderungsvorschläge,
kann
davon keine Rede sein. Im Gegenteil - im Lager der Konservativen werden
derzeit gerade viele Abgeordnete massiv unter Druck gesetzt, die in
andern Ausschüssen bereits weitreichenderen Änderungen zugestimmt
hatten.
Bei dem tatsächlichen Kern der Richtlinien, dem in Artikel 16
festgeschriebenen Herkunftslandprinzip, wird das besonders deutlich.
Während eine ganze Latte vorheriger Änderungsanträge wieder
vom Tisch
genommen wird, enthält der neue Vorschlag vor allem semantischeÄnderungen, mit dem man wohl glaubt, die Menschen in Europa für
dumm verkaufen zu können:
- aus der Überschrift "Herkunftslandprinzip" wird "Freizügigkeit
für
Dienstleistungen".
- aus dem "Herkunftsland" wird der "Mitgliedsstaat der Niederlassung",
sonst ändert sich fast nichts.
Weiter unten befinden sich der Kommissionsvorschlag und was dazu im sog.
"Kompromissvorschlag" von Liberalen und Konservativen steht, damit
sich selbst ein Bild gemacht werden kann.
Für uns sollte daraus folgen:
- Eine massive Mobilisierung am 15. Oktober und darüber hinaus ist
notwendiger denn je und muss unvermindert fortgesetzt werden.
- Da die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments frühestens
im
Januar stattfindet, haben wir nach dem Aktionstag noch etwas Zeit
gewonnen. Diese Zeit zu nutzen ist auch dringend notwendig. Ich werde
Euch rechtzeitig informieren, wenn ich Infos über die weiteren Pläne
der
anderen bekommen. Im Oktober wird es aber wohl erst mal keine Demo in
Strassburg geben, weil das Parlament noch nicht abstimmt. Ich habe aber
Gerüchte gehört, dass möglicherweise noch dieses Jahr zu einer
Großdemo
anlässlich des EU-Gipfels nach Brüssel mobilisiert werden könnte.
Ich
werde Euch diesbezüglich auf dem Laufenden halten.
- Dabei kommt es besonders darauf an, die Pläne der neoliberalen
Hardliner in der Fraktion der Konservativen zu vereiteln, die derzeit
versuchen, diejenigen Fraktionskollegen auf Linie zu bringen, die der
Richtlinie weit kritischer gegenüberstehen als die Fraktionsführung.
Gelänge ihnen das, hätten Konservative und Liberale bei der
Abschlussabstimmung im EU-Parlament Anfang nächsten Jahres eine Mehrheit.
- Die semantischen Verrenkungen im EU-Parlament zeigen deutlich, dass
man auf Druck reagiert. Wir sollten uns dabei aber nicht für dumm
verkaufen lassen, sondern erst Ruhe geben, wenn die Richtlinie endlich
vom Tisch ist!
In diesem Sinne allen viel Erfolg bei der weiteren Mobilisierung für
den
15. Oktober und darüber hinaus!
Ursprungstext von der Kommission:
Artikel 16. Herkunftslandprinzip:
1. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Dienstleistungserbringer
lediglich den Bestimmungen ihres Herkunftsmitgliedstaates unterfallen,
die vom koordinierten Bereich erfasst sind.
Unter Unterabsatz 1 fallen die nationalen Bestimmungen betreffend die
Aufnahme und die Ausübung der Dienstleistung, die insbesondere das
Verhalten der Dienstleistungserbringer, die Qualität oder den Inhalt der
Dienstleistung, die Werbung, die Verträge und die Haftung der
Dienstleistungserbringer regeln.
Vorschlag der Fraktionen von Konservativen und Liberalen:
Artikel 16 - Freizügigkeit für Dienstleistungen
(1) Die Mitgliedstaaten beachten das Recht der Dienstleistungserbringer,
Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen zu
erbringen, in dem sie niedergelassen sind. Bei der Ausübung einer
Dienstleistung unterliegen sie ausschließlich den Bestimmungen des
Mitgliedstaats der Niederlassung betreffend die Aufnahme und die
Ausübung der Dienstleistung, die insbesondere die Anforderungen in
Bezug auf die Niederlassung und die Tätigkeit der
Dienstleistungserbringer, das Verhalten der Dienstleistungserbringer,
die Qualität oder den Inhalt der Dienstleistung sowie die Normen und
Zertifizierungen betreffen.
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