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Städte und Gemeinden müssen mehr kommunale Demokratie wagen

Aktive aus der Zivilgesellschaft debattierten in Erfurt Potenziale und Defizite kommunaler Demokratie

Am vergangenen Samstag trafen sich im Erfurter Landtag rund 100 kommunalpolitisch Aktive zur Konferenz "Kommunen und Demokratie". Teilgenommen haben überwiegend Menschen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich in Städten und Gemeinden in die lokale Politik einmischen.

Kommunen sind Innovationslabor

In seinem Einstiegsreferat skizzierte Björn Egner vom Institut für Politikwissenschaft an der TU Darmstadt die potentiellen Möglichkeiten aber auch die zurzeit existierenden Grenzen kommunaler Demokratie: "Kommunen sind immer auch ein Innovationslabor. Sie brauchen aber mehr finanziellen Spielraum und müssen selbst plebiszitäre und partizipative Prozesse intensiver begleiten, um möglichst vielen Einwohnerinnen und Einwohnern eine Teilnahme zu ermöglichen."

Catharina Schmalstieg von Verdi wies in der anschließenden Diskussion darauf hin, wie wichtig die Rahmenbedingungen sind, um demokratische Potentiale in den Städten und Gemeinden auszuschöpfen: "Demokratie kostet Zeit und Geld. Wenn Kommunen ihre Bürgerinnen und Bürger mehr in Entscheidungsprozesse einbinden wollen, brauchen sie dafür Personal mit entsprechendem Know-how."

Kommunale Bürger*innenentscheide sind bereits Erfolgsmodell

In Workshops tauschten sich die Teilnehmenden darüber aus, wie kommunale Entscheidungen transparenter gemacht werden können und welche Rolle Bürger*innenhaushalte spielen könnten. Ebenso diskutierten die Aktiven die Funktion von Genossenschaften auf kommunaler Ebene und welche Formen direkter Demokratie sich kommunal verwirklichen lassen. "Die direkte Demokratie in Form von kommunalen Bürger*innenentscheiden ist heute schon ein Erfolgsmodell", sagt Karl-Martin Hentschel von Mehr Demokratie. "Beispielsweise führen die Entscheide für den Ausbau des kommunalen Radwegenetzes in vielen Kommunen nicht nur zu einer Verbesserung der lokalen Lebensverhältnisse, sondern stärken auch die Demokratie."

Wie Demokratie und Partizipation auf kommunaler Ebene ganz praktisch aussehen können, zeigten Fred Frohofer von der Neustart Initiative Schweiz am Beispiel der urbanen Siedlungs- und Quartierentwicklung und Karl Eckhardt aus der Initiative BIBS aus Braunschweig, in Bezug auf Rekommunalisierung.

"Die Konferenz hat gezeigt, dass kommunale Demokratie mehr sein kann, als die Beteiligung bei Wahlen für die Stadt- und Gemeinderäte", sagt Arno Behlau von Attac. "Dafür müssen die Kommunen allerdings auch die notwendigen Ressourcen und Entscheidungsspielräume haben."

Organisiert wurde die Tagung von Attac Deutschland, Verdi, Mehr Demokratie, der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und Gemeingut in Bürger*innenhand. Diskussionsbeiträge von Björn Egner, Catharina Schmalstieg und Karl-Martin Hentschel sind auf YouTube verfügbar.