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Gesundheit ist keine Ware

Attac startet bundesweite Kampagne gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens

Auf einer Pressekonferenz in Berlin hat Attac Deutschland heute den Start einer bundesweiten Kampagne gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens bekannt gegeben. Unter dem Motto "Gesundheit ist keine Ware" sollen in den kommenden Monaten vielfältige Aktivitäten der Gesundheitsreform 2003 entgegentreten, die dem Gesundheitswesen einen ähnlichen Systemwechsel wie bei der "Riester-Rente" zu verordnen droht. "Gegen alle Wahlversprechen droht eine Spaltung in Wahl- und Pflichtleistungen mit der Folge einer unsolidarischen Mehrklassenmedizin. Dieser Politik - egal ob in rot-grünem, schwarz-gelben oder rot-gelben Gewand - wird Attac breiten gesellschaftlichen Widerstand entgegensetzen", kündigte Astrid Kraus vom Attac-Koordinierungskreis an. Dabei seien alle Bündnispartner willkommen, die mit Attac am gleichen Strang ziehen wollen. Mit dieser Kampagne will Attac auch der Globalisierungsdebatte eine neue Perspektive hinzufügen. "Neoliberale Globalisierung ist ein Prozess, dessen negative Auswirkungen auch die Menschen in westlichen Industriestaaten zu spüren bekommen werden", so Kraus weiter. So steht die jetzige Reformdebatte auch unter den Vorzeichen eines durch die neoliberale Globalisierung gestiegenen weltweiten Drucks zur Senkung der Sozialausgaben und der Privatisierung des Gesundheitswesens. Insbesondere die im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) stattfindenden Verhandlungen über die Liberalisierung des Dienstleistungsbereichs leisten der Privatisierung des Gesundheitswesens Vorschub.
Attac weist die der Reformdebatte zugrunde liegende Behauptung, das Gesundheitswesen sei nicht mehr finanzierbar, entschieden zurück. "Der Mythos von der Kostenexplosion löst sich bei nüchterner Betrachtung der Datenlage in Luft auf", so Attac-Pressesprecher Felix Kolb. Berücksichtigt man Inflationsrate und Produktivitätssteigerung, so sind die Kosten des Gesundheitswesens im Verhältnis zum BIP seit 1975 gerade mal um 0,6%-Punkte gestiegen. Der Beitragssatz der Krankenversicherung ist nur deshalb gestiegen, weil sich die Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung auf immer weniger Schultern verteilen. Wenn die Arbeitslosenzahlen steigen, immer mehr wohlbetuchte Versicherte zu den privaten Krankenkassen wechseln und seit Jahren die Lohnsteigerung hinter dem Wirtschaftswachstum zurückbleibt, dann ist natürlich weniger Geld für die Kassen da. "Deshalb fordert Attac, die Wirtschaft zu einer Wertschöpfungsabgabe heranzuziehen, die Versicherungspflicht auf alle Erwerbstätigen auszudehnen und auch Zins-, Miet- und Gewinneinkommen in die Beitragspflicht einzubeziehen", so Kolb.
Auf keinen Fall bieten die Privatisierung von Krankenhäusern und der marktförmige Umbau der Versorgungsstrukturen (sog. "Einkaufsmodelle") eine Option für die Reform des Gesundheitswesens. Die Erfahrung mit solchen Rezepten in anderen Ländern sollte Warnung genug sein. "Privatisierung und Marktstrukturen haben zum Beispiel in Chile und den Niederlangen zu massiven Qualitätseinbußen der Versorgung für große Bevölkerungsteile geführt. Dagegen ist die angestrebte Kostenverminderung ausgeblieben, da das Geld, das durch höhere Effizienz eingespart wird, in hohe Werbeetats und die abgeschöpften Gewinne fließt", so Kolb.
Stattdessen fordert Attac ein solidarisches und zuwendungsorientiertes Gesundheitswesen für alle Menschen, das sich nach dem Grundsatz "Gesundheit ist Menschenrecht" in erster Linie an den Bedürfnissen der PatientInnen ausrichtet. Das Arzt-Patienten-Verhältnis muss frei von ökonomischen Kalkülen bleiben und das Prinzip der freien Arztwahl erhalten werden. Anstatt blind auf Apparatemedizin und gentechnische Verfahren zu setzen, sollte vor allem Prävention groß geschrieben werden. Wichtig sind qualitätsorientierte Regulierungen des Pharmamarktes, um die Pharmakonzerne zu hindern, die Unübersichtlichkeit des Marktes durch Preisüberhöhungen und fragwürdige Präparate auszunutzen. Positivlisten mit von unabhängiger Seite geprüften Medikamenten können hier die Spreu vom Weizen trennen.
Bei Rückfragen:
Felix Kolb (Pressesprecher): 04231/957-593 o. 0178 / 35 94 212, eMail: f.kolb@attac-netzwerk.de
Weitere Informationen zur Kampagne finden Sie unter
http://www.attac-netzwerk.de/sozsich/