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UN-Verhandlungen in Genf: Bundesregierung blockiert weiter Menschenrechtsabkommen

Menschenrechte müssen Vorrang vor Freihandel bekommen!

Am heutigen Montag beginnt in Genf die vierte, bis zum 19. Oktober dauernde Verhandlungsrunde für einen UN-Vertrag (Binding Treaty), der die Schutzlosigkeit der Menschenrechte in großen Teilen der globalisierten Wirtschaft beenden soll. Attac unterstützt dieses Anliegen und begrüßt, dass seit Juli ein erster Vertragsentwurf vorliegt. Allerdings zeigen sich in dem Entwurf bereits die Folgen der Blockadepolitik insbesondere der deutschen Regierung. So fehlt die Festschreibung eines generellen Vorrangs der Menschenrechte vor Regelungen in Freihandels- und Investitionsschutzverträgen wie CETA, TTIP oder JEFTA.

In einer gemeinsamen Stellungnahme machen Attac und 19 weitere Organisationen der "Treaty Alliance Deutschland" daher konkrete Verbesserungsvorschläge.

Vor allem die Bundesregierung blockiert den gesamten Prozess – trotz des nur drei Wochen zurückliegenden, scheinbar leidenschaftlichen Appells von Bundesaußenminister Heiko Maas vor der UN-Vollversammlung, den Multilateralismus zu verteidigen. "Statt inhaltlich zu dem Vertragsentwurf Stellung zu nehmen, schiebt Deutschland Verfahrensfragen vor. Nach jetzigem Stand wird die Bundesregierung zwar dabei sein, aber schweigen", berichtet Marie-Sophie Keller, die für Attac die UN-Verhandlungen in Genf begleitet.

Inhaltlich fehlt im aktuellen Vertragsentwurf vor allem, Menschenrechten Vorrang vor Freihandels- und Investitionsschutzverträgen einzuräumen. "Ansonsten könnten Staaten, die ihren Verpflichtungen aus den verbindlichen UN-Menschenrechtspakten oder dem Binding Treaty nachkommen, wegen vermeintlich unbilliger Behandlung ausländischer Investoren von Investitionsschiedsgerichten zu hohen Schadenersatzzahlungen verurteilt werden“, warnt Thomas Köller von der Attac-Kampagnengruppe "Menschenrechte vor Profit". "Das ist umso skandalöser, als Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen keine Klagemöglichkeiten zur Verfügung stehen, die mit jenen für Investoren auch nur annähernd vergleichbar wären."

Positiv wertet Attac daher, dass der Vertragsentwurf einen klaren Schwerpunkt darauf legt, für von Menschenrechtsverletzungen Betroffene den Zugang zum Rechtsweg zu verbessern, auch im Heimatland transnationaler Konzerne. Zudem sollen Konzerne von ihren Heimatstaaten gesetzlich verpflichtet werden , bestimmte menschenrechtliche Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Allerdings fehlen in dem Entwruf individuelle Beschwerdemechanismen für Betroffene.

Der Binding Treaty wird von einer 2014 vom UN-Menschenrechtsrat eingerichteten zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe beraten. Dies geschieht unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft bis hin zur Wirtschaft – aber nach wie vor ohne echte Teilnahme der Industrieländer. Insbesondere verhindert Deutschland eine konstruktive, gemeinsame Linie der EU-Staaten, wie Frankreich sie fordert. Dadurch steht der gesamte Verhandlungsprozess auf der Kippe.