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Rückblick auf die Proteste zum 5. Weltwasserforum

Auch wenn das Weltwasserforum in Istanbul klar von Konzerninteressen gesteuert wurde, zeichneten sich vor Ort doch klare Umrisse einer globalen Wasserbewegung ab, was für die Zukunft positivere Meldungen erwarten lässt. Die Proteste zeigten durchaus Wirkung.

Vom 16. bis 22. März fand in Istanbul das 5. Weltwasserforum statt. Doch seinem Motto „Gräben überbrücken“ ist es keineswegs gerecht geworden: Gleich zu Beginn wurde Meinungsvielfalt zensiert und wurden Kritiker ausgewiesen. Das wundert nicht: Das "Forum" wird bestimmt vom World Water Council, einem privaten Think-Tank, in dem multinationale Wasserkonzerne in enger Zusammenarbeit mit Weltbank, OECD oder EU ihre strategischen Interessen vorantreiben. Zahlreiche kritische Verbände und Initiativen protestieren gegen die durchschaubare Lobbypolitik und fordern im Gegensatz dazu die Durchsetzung eines "Menschenrechts auf Wasser".

Bei Attac hat sich im Herbst 2008 die deutsch-türkische Kampagne Türkeiwasser gegründet, die zu Protesten gegen die geplante Privatisierung aller Gewässer in der Türkei mobilisiert. Auch die Kampagne Türkeiwasser war bei dem Weltwasserforum, genauer: beim Alternativkongress präsent und hat sich den Protesten vor Ort angeschlossen.

Wir dokumentieren einen persönlichen Rückblick einer Attac-Aktivistin, die in Türkei vor Ort dabei war. Unter "Weitere Informationen" findet sich außerdem die deutsche Übersetzung der Erklärung des Bürger-Wasserforums zum WWF.

 

Ein aufmunternder Rückblick auf das 5. Weltwasserforum in Istanbul

Jetzt sind wir wieder zu Hause, die vielen WasseraktivistInnen aus allen Kontinenten. Bei den allabendlichen Treffen  spürten wir alle, ja, es gibt die globale Wasserbewegung! In demokratischen, transparenten und äußerst partizipativen Debatten mit 150-300 Menschen aus mindestens 50 Ländern berieten wir, was jeweils zu tun war. "Dies ist das letzte WWF in dieser Form", betonte Maude Barlow immer wieder unter großem Applaus.

Ob uns das gelungen ist, wissen wir noch nicht genau, sicher ist jedoch, dass wir mehr als noch auf dem 4. WWF in Mexiko 2006 dieses konzerngesteuerte Forum gründlich delegitimiert haben, eine Meldung, die selbst die hiesigen Medien nicht verschweigen konnten. Außerhalb geschah das durch Demonstrationen  und zwei äußerst anregende und informative Gegenforen, innen durch mutige kritische Stimmen von geladenen Gästen wie der Chefberaterin des Präsidenten der UN Generalversammlung, Maude Barlow,  durch Gewerkschafter aus vielen Ländern und NGOs, v.a. aber auch durch einige offiziell geladene lateinamerikanische RegierungsvertreterInnen. In Mexiko verweigerten 2006 am Ende vier Regierungen die Unterschrift unter das offizielle Abschlusskommuniquee, diesmal waren es 25 Länder (s. Liste), die eine alternative Erklärung unterzeichneten mit der klaren Forderung nach "Wasser als Menschenrecht", konnte sich das offizielle WWF doch nur zu der Formulierung "need of water" durchringen. Und immerhin sechzehn Staaten forderten zusätzlich, dass das nächste WWF im Rahmen der UN durchzuführen sei.

25 Länder, darunter aus Europa Spanien und die Schweiz und neben mehreren afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern auch Sri Lanka und Bangladesch, das ist ein deutliches Zeichen. Es ist das Ergebnis einer immer breiter werdenden Widerstandsbewegung gegen die Vermarktung des Lebenselixiers Wasser, die stolz darauf ist, dass die Rechnung der Gegenseite nicht aufging. Denn es war unübersehbar, dass die allgegenwärtige und äußerst repressiv auftretende türkische Polizei bei den Organisatoren des Forums, dem Weltwasserrat, die Hoffnung geweckt hatte, sie könnten diesmal ungestört sich als die Retter der weltweiten Wasserprobleme präsentieren. So protestierten sie nicht, als zwei Aktivistinnen das Transparent "No risky dams" hochhielten und 10 Sekunden später von der Polizei verhaftet und am folgenden Tag des Landes verwiesen wurden. Und dennoch haben wir ihnen Risse in ihre Fassade gerissen. Wir hoffen, ihnen ihre Pläne der Preiserhöhung, das einzige, was ihnen in der Zeit der Krise einfiel, und den Bau unendlich vieler Stauseen in der Türkei und vielen anderen Teilen der Welt durch unseren Widerstand ebenfalls zerstören zu können. Dazu brauchen wir viel Kraft, vorwiegend auf lokaler Ebene, unser  Erfolg in Istanbul gegen das WWF und die solidarische Vernetzung untereinander gibt uns dafür viel Rückenwind und hat uns allen Mut gemacht.

Dorothea Härlin, März 2009