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Gemeinnützigkeit: Ministerium und Gericht an einem Strang gegen Attac?

BFH-Präsident und zuständiger BMF-Abteilungsleiter gemeinsam im Vorstand des wirtschaftsnahen „Institut für Steuern und Finanzen“

Das wirft Fragen auf: Der Präsident des Bundesfinanzhofes (BFH), Rudolf Mellinghoff, und der für den „Fall Attac“ zuständige Leiter der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium, Rolf Möhlenbrock, sitzen gemeinsam im Vorstand des wirtschaftsnahen Lobbyvereins „Institut für Steuern und Finanzen“. Das hat das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus in seiner am Mittwoch ausgestrahlten Sendung aufgedeckt.

„Der Präsident des Bundesfinanzhofes und der zuständige Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium engagieren sich zusammen in einem angeblich gemeinnützigen Lobbyverein für die Senkung von Unternehmenssteuern – und verfolgen damit genau das Gegenteil dessen, wofür Attac eintritt. Zugleich sind die beiden zentrale Akteure bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Attac. Das hat einen sehr unguten Beigeschmack und bestärkt unseren Eindruck, dass es sich bei der Entscheidung des BFH um ein politisch motiviertes Urteil handelt", stellt Attac-Geschäftsführerin Stephanie Handtmann fest.

Das Schreiben, mit dem das Finanzministerium im Juni 2018 seinen Beitritt zum Revisionsverfahren gegen Attac vor dem Bundesfinanzhof begründete, stammt von Rolf Möhlenbrock, damals noch Unterabteilungsleiter. Darin argumentiert Möhlenbrock, Attac sei zu politisch engagiert, um als gemeinnützig gelten zu können. Insbesondere kritisiert der Ministerialbeamte, die Positionen des Netzwerks seien „näher der Parteipolitik der Opposition als der der Regierungsparteien“. Und weiter wörtlich: „Die Standpunkte des Klägers waren durchweg Standpunkten von Parteien zuzuordnen, die im linken Parteienspektrum […] zu verorten sind.“

Ähnlich begründete BFH-Präsident Mellinghoff das Urteil gegen Attac im Februar dieses Jahres: Zur Gemeinnützigkeit gehöre „nicht die allgemeine politische Betätigung auf allen möglichen Feldern“. Attac habe „diesen Rahmen überschritten.“

Tatsächlich hat sich das als gemeinnützig geltende „Institut für Steuern und Finanzen“ (ifst), zu dessen sechsköpfigem Vorstand Mellinghoff und Möhlenbrock gehören, selbst zum Ziel gesetzt, die Politik und insbesondere die Gesetzgebung in seinem Sinne zu beeinflussen: Anliegen des Institutes ist es, eine unternehmensfreundliche „bewegliche Steuerpolitik“ durchzusetzen. Dafür kommen in Vorstand und Kuratorium des Instituts Wirtschaftsvertreter, Abgeordnete und Finanzpolitiker, Ministerialbeamte, Richter und Wissenschaftler zusammen.

In den Veröffentlichungen des Instituts überwiegen wirtschaftsliberale Positionen, wie sie FDP und CDU vertreten. So enthält der Einladungstext zur ifst-Jahrestagung klare Forderungen nach Senkung von Unternehmenssteuern und steuerlichen Standortanreizen, die eindeutig als Lobbyarbeit für Unternehmen gewertet werden können. Attac dagegen setzt sich für eine höhere Besteuerung von Konzernen und die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer ein.