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Häppchen, Sektchen und heiße Diskussionen mit der Rosenheimer CSU

Zu Besuch bei einer abgewirtschafteten Partei: Attac Rosenheim besucht die CSU

Am besten erkennt man den Zustand einen Organisation, wenn man sieht, wie sie mit KritikerInnen umgeht. Und wir alle wissen ja, daß die Tage der CSU gezählt sind. Ihre Art des Wirtschaftens ist vorbei; sie scheint es schon zu ahnen.

Das merkten wir in dem Moment, als drei harmlose Attacies mit eigentlich lächerlichen, handgeklebten DinA2-Pappschildern und einigen Dutzend Flyern unverhältnismäßige Aufregung hervorrufen können. Die drohenden Drei zauberten nervöse Anspannung auf die Gesichter des jungen Türhüters und der zu seiner Hilfe herbeieilenden A-Prominenz der Partei, inklusive der hiesigen Direktmandats-MdB.

Das ist vor allem der einen Aktivistin zu verdanken, die sich nicht einfach wegschicken ließ, sondern erst nachfragen wollte, warum und wieso. Da sahen wir schnell bemühtes Imitieren von Höflichkeit (angesichts dessen mir der Ausdruck „Grimassen“ in den Sinn kam) und mühsames Verbergen genervter Ungeduld (sah aus wie „Die Störenfriede solln endlich abhaun – nachher erwischen die mich noch beim Schwindeln!“). Da zeigten sich sowohl Angst vor wie auch mangelndes Interesse an fortschrittlichen Lösungen.

Na, wir verteilten dann gemütlich vorm Hauseingang noch allerhand Flyer, schüttelten Hauptredner Dr. Ramsauer (erster auf der Landesliste der CSU) die Hand, gaben ihm und Rosenheims Oberbürgermeisterin Bauer ein „Zeit-Plagiat“ und plauderten mit den drei plötzlich auftauchenden Polizisten, die auch noch wissbegierig unsere Personalien notierten.

Zwei weitere Attacies, anonym und ohne Pappschilder gut getarnt, verlustierten sich unterdes im Saal mit Häppchen und Sektchen und parlierten mit den Gästen. Insgesamt ca. 110 Leute, Mittelstand, Mainstream, Unternehmer.

So konnten sie den Hauptredner noch öffentlich in eine Diskussion über Finanzmärkte verwickeln. Hier der Bericht dazu von unserer Hardcore-Aktivistin X.:

„Ich wollte konkret wissen, was Dr. Ramsauer von der Einführung einer Börsenumsatzsteuer oder Finanzanlagenbesteuerung hält (er will keine, denn es gäbe auch sehr viele, die dank der Riesterrente Aktienfonds als Alterssicherung hielten und die wären davon betroffen als kleine Sparer und Leute. Da pflichtete ihm Dr. Weindl bei und unterstützte seine klare Ablehnung jeglicher Besteuerung von Gewinnen aus Finanzgeschäften). Ich argumentierte, dass es die in den USA schon gäbe und dass die Menschen dort ihr Geld hauptsächlich in Aktien anlegen.

Der zweite Teil meiner Frage bezog sich auf seine Meinung zur Abschaffung von Hedgefonds und Zweckgesellschaften. Zu Zweckgesellschaften sagte er nichts, zu Hedgefonds, dass es wirklich schlimme Heuschrecken gibt. Das war dann aber recht unkonkret, von Abschaffung war natürlich nicht die Rede und es gäbe fast 50 % Hedgefonds, die dankenswerterweise privates Kapital sammeln, wenn Banken jungen Unternehmen keine Kredite mehr geben. Sie würden nach einwandfreien kaufmännischen Kriterien geführt und da gäbe es absolut nichts gegen zu sagen.

Daraufhin wollte ich noch folgendes Thema anschneiden: 80 – 90 % aller Finanzprodukte und Anlageformen seien hochspekulativ und müssten glattweg verboten werden (z.B. Derivate, Zertifikate). Dazu sagte er, er habe sich erkundigt, es gebe über 120.000 verschiedene Finanzprodukte und die könne man unmöglich alle verbieten.

Aber insgesamt hat er mich ernst genommen, mir ausführlich geantwortet und sie haben mich alle ausreden lassen, auch wenn z.B. beim Begriff CASINO-Kapitalismus aus dem Publikum leichter Unmut zu spüren war. Sie hatten den armen JU-Vorsitzenden Artmann schon vor mir gewarnt, als ich ihm ohne Plakat an der Tür die Hand gab und mich vorstellte. Er meinte, er wisse schon, wer ich bin und war anscheinend von den rauchenden CSU-lern vor der Tür vorgewarnt worden - die hätten gesagt : Vorsicht, die X ist da, die ist gefährlich und man müsse auf meine Aktivitäten achten. Das freut mich natürlich besonders, so viel Beachtung zu bekommen.“