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Steueroasen

Schattenfinanzplätze – Kriterium II

Steuervermeidung führt zu massiven Einnahmeausfällen des Staates und schadet daher dem Allgemeinwohl zu Gunsten der vermögensten Privatleute und Unternehmen.

Wir haben die Anteilsbesitzlisten von Deutscher Bank, Commerzbank, Postbank, der Deka Bank (als zentrale Vermögens-verwaltung der Sparkassen), der Hypovereinsbank und der DZ Bank (als Zentralbank von Volks- und Raiffeisen-banken) ausgewertet und aufgelistet, welche Bank wieviele Tocher- und Zweckgesellschaften, sowie nennenswerte Beteiligungen in als Steueroasen klassifizierten Orten hat.

Unsere erste Übersicht der Bankenaktivitäten in Schattenfinanzplätzen 2009 ergab bereits ein schonungsloses Bild. Doch die neue Übersicht für das Geschäftsjahr 2010 zeigt, dass sich die Situation keineswegs verbessert hat. Im Gegenteil: der Vergleich zwischen 2009 und 2010 macht deutlich, dass die Banken durch die Krise nichts dazu gelernt haben.

Geschäfte im Dunkeln

Die Banken helfen vor allem ihren reichsten KundInnen, dem Finanzamt Milliarden zu entziehen – dieses Geld fehlt Städten und Gemeinden, Schulen, Sozialeinrichtungen, öffentlichem Nahverkehr usw.

Rund 100 Milliarden Euro Steuern jährlich verliert der deutsche Fiskus allein durch verborgenen Reichtum, der in verharmlosend „Steueroasen“ genannte Orte gebucht wurde, schätzte der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Die Steuergewerkschaft rechnet etwas vorsichtiger mit immerhin 30 Milliarden, die „reinzuholen“ wären, wenn diese Art der Steuerhinterziehung wirksam bekämpft werden würde.

Dabei sind die „Steueroasen“ nicht nur Orte, an denen Geld an der Steuer vorbeigeschleust wird. Diese Schattenfinanzplätze kommen die Gesellschaft noch viel teurer zu stehen, weil dort auch etliche Sicherheitsvorschriften für Finanzgesellschaften und Banken entweder gar nicht gelten oder nicht angewandt werden. Besonders gewagte Finanzspekulationen und besonders undurchsichtige Fonds haben ihre Adresse in den Steueroasen.

Falsch wäre allerdings die Annahme, dass es sich hierbei um die „Schmuddelkinder“ der Finanzbranche handelt. Im Gegenteil: Gerade die bekanntesten Banken Deutschlands sind regelmäßig dort anzutreffen, sei es auf den britischen Kanalinseln, in Liechtenstein und Luxemburg oder auf den fernen Cayman-Inseln. Besonders gern nehmen Diktatoren und Autokraten aus so genannten Entwicklungs- und Schwellenländern den „diskreten“ Service der Steueroasen in Anspruch. Sie beuten ihre Länder aus, werden Milliardäre – und bleiben es meist selbst nach ihrer Absetzung dank der konsequenten Verschleierungshilfe in den Schattenfinanzplätzen.

Vor einigen Jahren beschlossen die Mitgliedsstaaten der OECD (Organisation für ökonomische Zusammenarbeit und Entwicklung), gegen Steueroasen vorgehen zu wollen. Sie führten eine „schwarze Liste“ ein, auf der Länder eingetragen werden sollten, die sich weigern, einen Mindest-Austausch von Daten mit Finanzbehörden anderer Länder aufzunehmen. Allein: Kurze Zeit nach Veröffentlichung der Listen war die „schwarze Liste“ wieder jungfräulich rein: Die Kriterien sind so schwach verfasst, dass es nach dieser Auffassung wohl doch keine Steueroasen gibt...

Auf unser Schreiben an die Banken antwortete die Postbank, keinerlei Aktivitäten in Schattenfinanzplätzen durchzuführen. Allerdings beruft sie sich dabei just auf jene OECD-Liste.

Einige Besonderheiten

  • In Georgetown auf den berühmt-berüchtigten Cayman-Inseln, wo fast 10.000 Hedgefonds ihre  Adresse haben, unterhält die Deutsche Bank mehr Niederlassungen und Zweckgesellschaften als am Konzernsitz Frankfurt.
  • Der US-Bundesstaat Delaware (hier besonders die Stadt Wilmington) gilt als derzeit größte Steueroase. Hier unterhält die Deutsche Bank ein Fünftel ihrer gesamten Aktivitäten. Die Steuern sind äußerst niedrig und es bestehen keinerlei Veröffentlichungspflichten für Unternehmen, die zudem mit nur einem Geschäftsführer und ohne Grundkapital gegründet werden können. Diese Voraussetzungen führen zu absurden Ergebnissen, etwa dass in dem Bürogebäude 1209 North Orange Street in Wilmington mehr als 200.000 Unternehmen „sitzen“ bzw. ihren Briefkasten haben.
  • Zwar unterhält die deutsche Direktbank ING DiBa selbst keine Beteiligungen oder (Zweck-) Gesellschaften in Schattenfinanzplätzen, die ING Groep (Niederlande) als ihre Konzernmutter hingegen besitzt unter anderem Gesellschaften in Hongkong, auf den Bermudas und auf Curaçao (Niederländische Antillen).
  • In Deutschland erfüllt die Gemeinde Grünwald derzeit einige Kriterien, nach denen sie als Steueroase bezeichnet werden kann. Grünwald ist Steuerdumping zum Anfassen: In der Kleinstadt mit rund 11.000 EinwohnerInnen südlich von München leben überdurchschnittlich viele Millionäre. 790 Firmen sind im lokalen Branchenbuch aufgeführt, darunter finden sich alleine 24 Kapitalanlage-gesellschaften. Obwohl Grünwald weniger als ein Zehntel der Größe von Regensburg hat, sammelt es ebensoviel Gewerbesteuer ein – allerdings komplett im Dumpingniveau. Die Hypovereinsbank ist (Mit-)Eigentümer von 16 Gesellschaften in Grünwald, die Commerzbank gar von 88.

Neueste Entwicklungen

  • Die Deutsche Bank hat 2010 ihr Engagement in Steueroasen weiter ausgebaut, allein in Luxemburg gewann sie 34 neue Aktivitäten hinzu. Insgesamt befindet sich die Hälfte der Zweckgesellschaften, verbundenen oder assoziierten Unternehmen der Deutschen Bank in Steueroasen. Allein in den 4 großen Steueroasen Cayman Islands, Delaware, Luxemburg und Liechtenstein besitzt sie 737 Unternehmen, das entspricht ihren Aktivitäten in Deutschland (746).
  • Die DZ Bank, das Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken, hat ihr Engagement in Steueroasen mehr als verdoppelt und 2010 125 Aktivitäten in Steueroasen hinzugewonnen, über 50 davon allein auf den Marshallinseln, wo sie an einer ganzen Flotte von Schiffen beteiligt ist, die alle als Einzelunternehmen angemeldet sind.
  • Im Zuge eines allgemeinen Abbaus von Zweckgesellschaften, verbundenen und assoziierten Unternehmen, ist bei der Commerzbank die Zahl der Beteiligungen in Steueroasen gesunken. Dies lässt allerdings nicht auf eine veränderte Geschäftspolitik schließen, denn laut des Geschäftsberichts 2010 gewann sie Anteilsbesitze an 33 Unternehmen in der deutschen Steueroase Grünwald bei München hinzu.

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Mehr zum Thema

Fact Sheets und Präsentationen:

  • Neu! Attac Bankwechselkampagne/AG Finanzmärkte und Steuern: "Fakten zur Verstrickung der Banken in Steueroasen" (2012)
  • Attac-AG Finanzmärkte und Steuern: „Steueroasen und Offshore-Zentren in Europa“ von Dr. Silke Ötsch, Informationen zu Steueroasen und Offshore-Zentren schön mit Bildern und Grafiken dargestellt (2010)

Studien:

Filme:

Atikel in Zeitungen:

Links zu Kampagnenseiten:

  • End Tax Secrecy (Stoppt Steuerparadiese) Startseite der Kampagne
  • Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit) die beste Webseite zum Thema Steueroasen und Steuergerechtigkeit mit umfassendem Material.