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Globalisierte Finanzmärkte Ein Jahrzehnt nach Beginn der großen Krise

Das Bildungsmaterial zum Thema globale Finanzmärkte erscheinen im Sommer 2018 anlässlich zweier gegensätzlicher und doch miteinander verbundener Jahrestage. Am 3. Juni 1998 wurde Attac in Frankreich mit dem Ziel einer demokratischen Kontrolle der internationalen Finanzmärkte gegründet. Während Attac also seinen 20. Geburtstag feiern kann, jährt sich zugleich der Ausbruch der größten globalen Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er-Jahren zum zehnten Mal. Symbolisch für dieses Ereignis, vor dem die Globalisierungskritiker_innen stets gewarnt hatten, steht die Pleite der US-Investment-Bank Lehman Brothers am 15. September 2008. Diesen doppelten Jahrestag nahm Attac zum Anlass, um mit dem vorliegenden Material auf den Ausbruch der großen Krise zurückzublicken und die zunehmende Bedeutung der Finanzmärkte und ihre sozialen Folgen kritisch in den Blick zu nehmen.

Das Material ist in vier Module gegliedert, die jeweils mit einer kurzen fachlichen Einführung und einem knappen didaktischen Kommentar zu den einzelnen Elementen beginnen.

IV Soziale Konsequenzen am Beispiel Wohnen

Die Ausweitung der Finanzmärkte und die damit einhergehende Finanzialisierung unterwerfen Güter und Dienstleistungen aller Art einem zunehmenden Renditedruck. Zugleich wird die Versorgung mit diesen Gütern unmittelbar an die krisenhaften Entwicklungen auf den Finanzmärkten gebunden. Dies geht mit neuartigen sozialen Krisen einher. Ein Beispiel dafür ist die Sicherung des Menschenrechts auf eine angemessene Wohnung.

Die globale Krise ist in den USA im Bereich der Hypothekenkredite ausgebrochen und ihr Verlauf hat in Spanien ebenfalls zu einer massiven Wohnungskrise geführt. In beiden Ländern spielt Wohneigentum (im Gegensatz zur Miete) traditionell eine große Rolle. Aufgrund der Dynamik im Finanzsektor wurde die Vergabe von Hypothekenkrediten stark ausgeweitet. Mit Ausbruch der Krise kam es zu einem Teufelskreis. Viele konnten ihre Hypotheken nicht mehr bedienen, Wohnungen wurden massenhaft gepfändet und der Wert von Immobilien sank immer weiter. Dadurch verloren Tausende ihre Wohnungen. Im schlimmsten Falle wurden sie obdachlos und waren dennoch verschuldet. So kam es zu der paradoxen Situation, dass Obdachlosigkeit und der Leerstand an Wohnungen gleichzeitig stiegen. Insbesondere in Spanien, aber auch in den USA hat dies zu neuen Protest-Bewegungen im Bereich des Wohnens geführt.

Auch in Deutschland sind die steigenden Immobilienpreise in den vergangenen Jahren zum Problem geworden. Zwar gibt es hier eine strengere Regulierung der Hypothekenvergabe, die eine Krise nach dem Muster der USA und Spaniens unwahrscheinlich macht. Aber angesichts niedriger Zinsen infolge der Krise wurden Immobilien immer mehr zum Anlageprodukt und manche Expert_innen gehen hier bereits von einer Blasenbildung aus.

In sozialer Hinsicht bedeutet dies, dass sich weniger Menschen Wohneigentum leisten können. Angesichts einer in Deutschland traditionell hohen Quote an Mietwohnungen sind jedoch andere Entwicklungen dramatischer. In den vergangenen Jahren wurden viele Wohnungen privatisiert und befinden sich nun oft im Besitz von Immobilienfonds, die entsprechende Renditen erwirtschaften müssen. Nicht nur diese Akteure setzen auf Mietsteigerungen infolge von Sanierungen, die auf die Miete umgelegt werden können.

Insbesondere in den großen Städten kam es in den vergangenen Jahren zu massiven Mietsteigerungen und zur Verdrängung ärmerer Bevölkerungsschichten. Diese Entwicklungen haben die politische Regulierung des Wohnungssektors zunehmend auf die Tagesordnung gesetzt. Grundsätzlicher geht es dabei um die Frage, inwieweit Grundbedürfnisse den Dynamiken der Finanzmärkte ausgesetzt werden dürfen. Noch allgemeiner gefasst geht es um die Grundfrage des Eigentums und seiner im Grundgesetz immerhin festgeschriebenen Sozialbindung.

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