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Modul II: Von der Finanzkrise zur Staatsfinanzierungskrise in Europa

Was sind die Ursachen der 2008 ausgebrochenen Finanzkrise? Wie ist die privatwirtschaftliche Finanzkrise zu einer Staatsfinanzkrise geworden?

Im September 2008 wurde eine amerikanische Investmentbank – Lehman Brothers – schlagartig in der ganzen Welt bekannt, nämlich als sie zusammenbrach. Was war geschehen? Bereits in den Jahren davor war es in der Wirtschaft und insbesondere in der Finanzwelt zu Verwerfungen gekommen. Die zunehmende Umverteilung von unten nach oben führte dazu, dass immer mehr Geld (sowohl Einkommen als auch Vermögen) bei den reicheren Bevölkerungsschichten landete. Diese konsumieren aber einen geringeren Anteil ihres Einkommens als es ärmere Bevölkerungsschichten tun würden. Dies hat zweierlei Folgen: Zum einen wird immer mehr Geld in spekulative Finanzobjekte gesteckt („investiert“). Und zum anderen ist der gesamte Konsum bei einer schiefer werdenden Verteilung geringer. Natürlich merken die Unternehmen dies auch und in Folge der geringeren erwarteten Nachfrage wird weniger investiert.

In den USA senkte die Zentralbank zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung in den 2000er Jahren die Zinsen. Diese Politik des billigen Geldes führte zu einem Boom im Immobliensektor. Immer mehr Häuser wurden auf Kredit gekauft, die Nachfrage und damit die Preise für Immobilien stiegen. Als der Wert der Häuser stieg, wurden mit diesem Gegenwert weitere Kredite aufgenommen. Diese Immobilienblase platzte als die Nachfrage nach den Häusern und damit ihr Wert wieder zurückging. Damit platzten aber auch die Kredite. Das Besondere war, dass die Banken die von ihnen vergebenen Kredite längst weiter verkauft hatten. Was eigentlich der Risikostreuung und damit Risikominderung dienen sollte, entpuppte sich als Irrsinn. Denn jetzt hatten unglaublich viele Banken „faule“ Kredite, die nicht oder nur teilweise zurückgezahlt wurden, in ihren Büchern stehen. D.h., die Banken konnten ihre eigenen Schulden nicht zurückzahlen.

Bei Lehman Brothers wurde ein Exempel statuiert. Die US-amerikanische Regierung hat die Bank nicht gerettet – sie ging pleite. Die anderen Banken, die fast alle Schwierigkeiten hatten, waren jetzt nicht mehr sicher, ob nicht weitere Institute pleite gehen könnten – und hörten über Nacht auf, sich gegenseitig Geld zu leihen. Der Schmierstoff der Wirtschaft ging plötzlich aus. In Europa hat die Europäische Zentralbank hier eingegriffen und den Banken Geld zur Verfügung gestellt – die meisten hatten dadurch erst mal Zeit gewonnen.

Für einige Banken aber reichte das nicht. Sie brauchten zusätzliche (Rettungs-)Gelder vom Staat. Das geschah in allen europäischen Ländern – mal mehr (Irland, Griechenland, Spanien), mal weniger. Auch in Deutschland rettete der Staat Banken wie die Commerzbank oder die HypoRealEstate-Bank mit Milliardenbeträgen. Die Staaten mussten das notwendige Geld in kurzer Zeit aufbringen, das heißt sie liehen sich das Geld für die Bankenrettung auf den Kapitalmärkten. Im Ergebnis ist der Schuldenstand der betroffenen Staaten stark gestiegen.

Diese Staaten mussten also höhere Kredite aufnehmen und dafür in der Regel höhere Zinsen zahlen. Denn hier kamen die „Märkte“ ins Spiel. Wenn sich auf den Märkten, d.h. bei den Finanzinvestoren der Eindruck durchsetzt, dass ein Staat seine Kredite vielleicht gar nicht oder nur teilweise zurückzahlen kann, dann kann er sich neues Geld nur für höhere Zinsen leihen. Das führt aber wieder zu steigenden Ausgaben. Um die Kreditwürdigkeit der Staaten aufrechtzuerhalten wurden in Europa nach und nach „Rettungsschirme“ beschlossen. Diese funktionieren in der Regel so, dass die (solventen) Länder sich – gegen geringe Zinsen – Geld leihen und dieses den Krisenländern – gegen etwas höhere Zinsen – weitergeben. Das bedeutet übrigens auch, dass bei dieser Art von „Staatenrettung“ erstmal keine Kosten entstehen, sondern sogar leichte Zinsgewinne erzielt werden.

Die „Geldgeber“ – repräsentiert durch die „Troika“ (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) – machten den Krisenländern strenge Auflagen. Gemäß dem neoliberalen Credo, dass die Wirtschaft am besten funktioniert, wenn sich der Staat aus der Wirtschaft heraushält und die Unternehmen nur gute Rahmenbedingungen vorfinden müssen, wurden in den Krisenländern öffentliche Leistungen, Gehälter, Mindestlöhne, Renten usw. gekürzt – und Arbeitskräfte entlassen. Man müsse nur „sparen“ (=kürzen) und dann würde sich die Lage der Staatsfinanzen wieder stabilisieren – so die (neoliberale) Idee dahinter.

Zunächst brachen z.B in Griechenland in Folge der geschrumpften Wirtschaft die Steuereinnahmen ein und die Wirtschaft schrumpfte – womit die Staatsschuldenquote weiter anstieg. Aus der Krise „heraus sparen“ – das funktioniert nicht und geht auf Kosten der einfachen Bürgerinnen und Bürger. Gerettet werden so nur die Banken und damit die Vermögen der Reichen (und der Kreditgeber bspw. in Deutschland).
Aber es gibt andere Lösungen. Dazu gehört die Vergemeinschaftung der staatlichen Schulden (z.B. über Eurobonds), zusätzliche Ausgaben um die Wirtschaft der Krisenländer anzukurbeln, eine Verringerung deutscher Exportüberschüsse z.B. durch die Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland, eine strenge Regulierung der Finanzmärkte und weiteres mehr. Vor allem aber muss dies solide finanziert werden – wozu eine Vermögensteuer und eine Vermögensabgabe gehören. Damit kann die Wirtschafts- und Finanzkrise bekämpft werden und die „Lasten“ tragen dann diejenigen, die von der Rettung in erster Linie profitiert haben: die Vermögenden.

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