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Modul I: Ich und das Geld – oder: Wie wird gesellschaftlicher Reichtum verteilt?

Was habe ich mit der Wirtschaft zu tun, wie ist Reichtum in der Gesellschaft verteilt, wer zahlt welche Steuern und wofür gibt der Staat das Geld aus?

Bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Krisenprozesse des vergangenen Jahrzehnts sind oft die Finanzmärkte, die Bankenrettung, die Rezessionsphasen oder die steigenden Staatsschulen im Fokus. Seltener gerät in den Blick, dass diese Phänomene eng mit der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums verknüpft sind. Die zunehmende Polarisierung von Arm und Reich hat nämlich entscheidend zum übermäßigen Wachstum der Finanzmärkte beigetragen, die meist als Ausgangspunkt der Krisenprozesse gelten.

Das sprichwörtliche oberste Prozent der Bevölkerung kann all das Finanzvermögen, das sich zunehmend in seinen Händen konzentriert, gar nicht ausgeben und legt es zum großen Teil auf den Finanzmärkten an. Von dort fließt nur ein Teil wieder zurück in den Produktionsbereich, so dass der Wert der Papiere schneller wächst als die realen Werte (Güter), was sich irgendwann in Krisen entladen muss. Umgekehrt lässt die steigende Armut die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sinken. Während die einen gar nicht wissen, wohin damit, fehlt anderen Menschen das Geld um existentielle Bedürfnisse zu befriedigen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet werden dadurch Güter nicht abgesetzt oder gar nicht erst produziert, für die es jedoch Bedarf gäbe. Damit verstärken sich Tendenzen zur Überproduktion und Rezession.

Die Ungleichverteilung des gesellschaftlichen Reichtums kommt auf zwei Ebenen zustande. Die Ebene der sogenannten primären Verteilung betrifft das Verhältnis der Löhne zu Profiten und anderen Einkommensarten. Hier zeigt sich, dass die Lohnquote der Industrieländer in den Jahrzehnten vor der globalen Krise kontinuierlich gesunken ist. Ein ähnliches Bild ist auf der Ebene der sekundären Verteilung, das heißt nach der staatlichen Umverteilung, zu sehen. Hier ist eine Tendenz zur steuerlichen Entlastung von Vermögenden zu beobachten, während Massensteuern wie die Umsatzsteuer (die sogenannte Mehrwertsteuer) gleich blieben oder erhöht wurden. Letztere treffen Menschen mit niedrigem Einkommen proportional stärker als Vermögende und hemmen dementsprechend die Befriedigung von Bedürfnissen und bremsen die ökonomische Nachfrage.

Die gesellschaftliche Debatte um Steuern ist dabei oftmals hoch ideologisch geprägt. Etwa wenn es heißt, dass die Reichen ohnehin den größten Anteil an Steuern zahlen. Diese Aussage ist richtig, unterschlägt aber, dass die obersten Einkommensschichten nach Steuerabzug immer noch mehr Einkommen haben als diejenigen in der (oberen) Mitte vor Abzug der Steuern.

Außerdem berührt die ungleiche Verteilung nicht nur die Ursachen der Krise, sondern auch die Frage, wer die Kosten für die Krisenbewältigung tragen soll. In Folge der globalen Krise nach 2008 sind die Staatsschulden vieler Länder durch die Kosten für Bankenrettungen, staatliche Konjunkturprogramme und die sozialstaatliche Abfederung der Arbeitslosigkeit stark gestiegen. In der Folgezeit wurde die Krise insbesondere in Europa überwiegend als Staatsschuldenkrise gedeutet, die scheinbar durch unverantwortliche Staatsausgaben verursacht worden sei.

Dementsprechend lautet die dominante Antwort auf die Krise, der Staat müsse sparen, sprich seine Ausgaben reduzieren. Die Einnahmeseite, also die Erhöhung der Steuern (zum Beispiel auf Unternehmensgewinne, Erbschaften oder hohe Einkommen), bleibt dabei unberücksichtigt. Die Kürzungen im Zuge der ‚Sparpolitik’ betreffen jedoch oftmals Sozialleistungen, auf die wiederum die ärmeren Teile der Bevölkerung angewiesen sind. Ein Beispiel dafür war das ‚Sparpaket‘ der deutschen Bundesregierung von 2010, mit dem unter anderem Leistungen für Empfänger_innen von Hartz IV und von Wohngeld gekürzt wurden. Allerdings fielen solche Maßnahmen in Griechenland und anderen Krisenstaaten noch weit drastischer aus, und hier waren sowohl die sozialen als auch die ökonomischen Folgen (eine tiefe Rezession) deutlich zu beobachten.

Mit ihrer Belastung der ärmeren Bevölkerungsschichten trägt die Kürzungspolitik also zu immer weiterer Ungleichverteilung bei und verstärkt damit einen wesentlichen Krisenfaktor, der jederzeit in Form neuer Finanzcrashs wieder akut werden kann.


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