GATS und Wasser: Länderbeispiel Deutschland

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Rostock
Akteur: EURAWASSER Rostock, Wasser und Abwasser
Modell: privat
Bemerkungen: 450 Mio Investitionen, neues Klärwerk, Senkung der Schadstoffe, keine Entlassungen, Servicecenter
Wann: seit 1993
Quelle: Selbstdarstellung von EURAWASSER



Potsdam:
(Beispiel für zurückgezogene Wasserprivatisierung)

Die fristlose Kündigung der Beteiligung der Eurawasser GmbH an den Wasserbetrieben Potsdam im Juni 2000 [Eurawasser GmbH, Berlin - deutsches Tochterunternehmen von ONDEO Services (vormals Suez Lyonnaise des Eaux) und Thyssen - Krupp/RWE]

Ende 1997 stimmten die Potsdamer Stadtverordneten der Teil-Privatisierung der Potsdamer Wasserwirtschaft, um mit den Geldern Haushaltslöcher zu stopfen; 49 % der Wasserbetriebe Potsdam wurden an die Eurawasser GmbH veräußert, in der Aussicht, die Wasserpreise für die Verbraucher würden sinken und die Kommunen könnten Kosten sparen

Doch statt sinkender Gebühren wollte Eurawasser den Bürgern kräftig in die Tasche greifen. Nach bereits zwei erfolgten Gebührenerhöhungen zog die Kommune bei der dritten avisierten Erhöhung die Notbremse. "Da ein Privatunternehmen wie Eurawasser grundsätzlich Gewinne erzielen will", so die Stadt in einer Erklärung zur Vertragsauflösung, "kam es zu unterschiedlichen Auffassungen bei der Gebührenkalkulation". Angefangen hatte man 1998 bei 4,92 Mark und lag im Juni 2000 schon bei 8,80 Mark.

Innerhalb der nächsten 17 Jahre wollte Eurawasser die Gebühren noch einmal um 100 Prozent erhöhen (bis 2017 von 8,80 DM auf 16,40 DM pro Kubikmeter) - trotz sinkendem Wasserbedarf.

Die Stadt Potsdam trennte sich am 19.6.00 vom privaten Mitgesellschafter des Wasserbetriebes Potsdam, dem deutsch-französischen Gemeinschaftsunternehmen EURAWASSER (Berlin). Die Kündigung des Kooperationsmodells hat die Stadt ungefähr fünf bis zehn Millionen Mark gekostet.

Die Rückkaufsumme des Geschäftsanteils von Eurawasser belief sich auf 4,9 Millionen Mark und darüber hinaus wurde ein Abfindungsguthaben an Eurawasser gezahlt, über dessen Höhe die Stadt Potsdam sich ausschweigt. Die Entscheidung von OB Platzeck wurde bemerkenswerter Weise von allen Stadtratsfraktionen in Potsdam mit getragen. Allerdings hatte die PDS warnend darauf hingewiesen, dass vermutlich auch die künftig wieder rein städtisch geführten Wasserbetriebe an Gebührensteigerungen nicht vorbei kämen.

Die fristlose Kündigung des Vertrages wurde von der Stadt Potsdam über einen Zeitraum von 5 Monaten vorbereitet. Das aus l5 Einzelverträgen bestehende "Konvolut" mit Eurawasser hatte laut Platzeck einige für Potsdam "nicht eben glückliche Paragraphen". So oblag die Betriebsführung und damit das Sagen im Unternehmen dem Minderheitsgesellschafter Eurawasser in Person ihres Geschäftsführer Pierre Bütz. Es gab keinen Aufsichtsrat, lediglich eine Koordinierungsstelle.

Offenbar in der Annahme, die "arme" Stadt würde darauf nie zurückkommen, hatte Eurawasser laut Christian Ernst von der städtischen. Beteiligungsverwaltung Potsdam die Möglichkeit offen gelassen, den mit 4,9 Millionen Mark bezifferten Geschäftsanteil von Eurawasser zurück zu kaufen. Außerdem könnte Eurawasser zwei bis drei Millionen Mark Beraterhonorare fordern, die sie übernommen hatte.

Das nötige Geld für die Ablösesumme soll aus dem Eigenkapital des Potsdamer Wasserbetriebes kommen; es liegt bei 19 Millionen. Dem gegenüber stehen rund 240 Millionen Mark Schulden, die einen Weiterverkauf des Betriebes unmöglich machen. Größter Brocken der Schuldenlast sind jene 167 Millionen Mark Kredit, die der Wasserbetrieb von der Commerzbank bekam und an die Stadt weiter reichte, damit sie ihre Haushaltslöcher stopft. Das zahlen in jedem Fall die Bürger per Gebühr ab. Die allerdings soll etwa vier Mark unter der Planung von Eurawasser bleiben. Die Belegschaft (Wasserbetriebe Potsdam, 235 Mitarbeiter) hat vorerst nichts zu befürchten; sie wird rück übernommen. An einer vollen Weiterbeschäftigung indes zweifelt Betriebsratschef Klaus Lasch ebenso wie an der Fähigkeit der neuen Betriebsführung, die Firma kostengünstiger zu leiten.

Quellen:
- Märkische Allgemeine Zeitung, 20.06.00, Seite 14, Verfasser: Rainer Plagemann "Rausschmiss fürEurawasser. Stadt kündigt Privatisierungsvertrag fristlos / Betriebsrat zweifelt"
- (dpa, 20.06.00) http://www.ak-wasser.de/notizen/wirtschaft/ww_franz.htm
- www.corporatewatch.org
- http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-hintergrund/833.html Manuskript vom: 6.12.2002 o 18:40 Die Liberalisierung des Wassermarktes in Deutschland: Kommt der Preiskampf? von: Peter Kolakowski, Redaktion: Bernd Kallina
- Karsten Zühlke von der Geschäftsführung des Wasserbetriebs Potsdam (aus kommunalmagazin 10/00) http://www.kommunalmagazin.ch/archiv/wasserpriv.htm


GATS Kampagne, Attac Deutschland
www.gats-kritik.de - Version vom Do, 26.06.03

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