Berlin, 13. 02. 2003
Sehr geehrter Herr R.,
für Ihre Email vom 17. Januar 2003 danke ich Ihnen. Die SPD-Bundestagsfraktion
teilt Ihre Besorgnis der Marktöffnung für Dienstleistungen
im Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen
(GATS), die die öffentliche Daseinsvorsorge betreffen. Dies
gilt nicht nur für Liberalisierung in Bereichen, wie öffentliche
Daseinsvorsorge, wie Wasserwirtschaft, Gesundheitswesen oder Bildung
und Wissenschaft, sondern auch für Bereiche wie zum Beispiel
das Bauwesen, unternehmensnahe Dienstleistungen oder Umweltdienstleistungen.
Aufgrund des komplizierten Verhandlungsverfahrens im GATS erscheint
es bedenklich, ohne die von der Enquete-Kommission empfohlene Flexibilität
des Abkommens und ohne Folgenabschätzungen vor Übernahme
weiterer Verpflichtungen, Entscheidungen auf EU-Ebene festzulegen.
Besonders der angestrebte enge Zeitrahmen, offenbar mit dem Ziel
in Genf schon EU-Vorschläge in die Verhandlungen einzubeziehen,
schließt eine angemessene Befassung der Parlamente und auch
der Zivilgesellschaft weitgehend aus.
Diese Besorgnis, verbunden mit der Forderung Bildung und Kultur
aus den GATSVerhandlungen auszunehmen, wird im Antrag der Koalition
(Bundestags-Drucksache 15/224 "GATS-Verhandlungen - Bildung
als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern")
zum Ausdruck gebracht. In diesem Antrag werden explizit die Erkenntnisse
und Empfehlungen des in Ihrem Schreiben erwähnten Abschlussberichts
der Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft -
Herausforderungen und Antworten" (BT-Drs. 14/9200) aufgegriffen.
Hier gibt es also schon die in Ihrem Schreiben geforderte Debatte
und Beschlussfassung des Deutschen Bundestages. Weitere Initiativen
sind geplant und werden in der von der SPD-Fraktion eingerichteten
Arbeitsgruppe Weltwirtschaft und Globalisierung vorbereitet.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat schon im Jahre 2000 mit einer fraktions-
und koalitionsinternen Anhörung von Experten aus NGOs, Gewerkschaften,
Kirchen und Regierung die GATS-Problematik aufgegriffen. Die Ergebnisse
dieser Anhörung führten dazu, dass die SPD in der Enquete-Kommission
darauf gedrungen hat, das Thema GATS - gegen massiven Widerstand
der großen Oppositionspartei - zu behandeln, Gutachten einzuholen,
intensiv mit Sachverständigen zu diskutieren und schließlich
Empfehlungen auszusprechen.
Nach dem Neuzuschnitt des zuständigen Ressorts und der entsprechenden
Parlamentsgremien sind unsererseits bereits Gespräche zu den
GATSVerhandlungspositionen geführt worden. Hier ging es unter
anderem um rechtzeitige Information des Parlaments.
Mit freundlichem Grüßen
Hedi Wegener
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