Berlin, den 20.11.2002
Sehr geehrter Herr Hoffmann, lieber Walter,
vielen Dank für Dein freundliches Schreiben und die Nachfrage
zu den laufenden GATSVerhandlungen. Gerne nehme ich Stellung zu
den aufgeworfenen Fragen. Das beigefügte Bürgerschreiben
enthält leider viele unzutreffende Informationen und Behauptungen,
die ausgeräumt werden sollten.
Im Vordergrund der GATS-Verhandlungen steht bis Ende März
2003 die Erarbeitung eines EUVerhandlungsangebotes auch unter Berücksichtigung
der seit Juli 2002 eingegangenen Drittlandsforderungen.
Ein Stop der WTO-Dienstleistungsverhandlungen, wie in dem beigefügten
Schreiben gefordert, wird von keinem der WTO Mitgliedsstaaten gefordert.
Im Gegenteil, die WTOMinisterkonferenz in Doha im November 2001
hat im Konsens die im bisherigen Verhandlungsprozess geleistete
Arbeit gewürdigt und die Thematik mit präzisen Zeitvorgaben
für den weiteren Verhandlungsfortgang in die neue WTO-Runde
einbezogen.
Die in dem Bürgerschreiben geäußerten Ängste
hinsichtlich der Liberalisierung von öffentlichen Aufgaben
sind verständlich, jedoch unberechtigt. Das GATS nimmt Dienstleistungen,
die in Ausübung hoheitlicher Gewalt erbracht werden, von seinem
Anwendungsbereich aus und behält den WTO-Mitgliedern ausdrücklich
vor, die Erbringung von Dienstleistungen in ihrem Hoheitsgebiet
unter Berücksichtigung nationaler politischer Zielsetzungen
zu regeln. Ferner hat die EU (samt ihren Mitgliedsstaaten) bei ihren
Forderungen, die sie Anfang Juli d.J. an die anderen WTO-Mitglieder
gerichtet hat, klargestellt, dass diese nicht auf den Abbau von
Dienstleistungen der Daseinsvorsorge oder Privatisierung zielen.
Die WTO-Dienstleistungsverhandlungen finden - abweichend von der
in dem Bürgerschreiben wiedergegebenen Auffassung - nicht unter
Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Im bisherigen Verhandlungsverlauf
hat die EU wie viele andere WTO-Mitgliedsstaaten ihre Verhandlungsziele
für die einzelnen Dienstleistungssektoren veröffentlicht.
Die entsprechenden Papiere und Informationen sind auch im Internet
bei der WTO (http://www.wto.org)
und der Europäischen Kommission (http://europa.eu.int/comm/trade)
zu finden. Darüber hinaus führen in Deutschland das Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit und auf EU-Ebene die Europäische
Kommission regelmäßige Informationsveranstaltungen über
die Verhandlungen durch, in die auch zahlreiche NROs einbezogen
sind. Auch der Deutsche Bundestag wird fortlaufend über den
aktuellen Fortgang der Dienstleistungsverhandlungen unterrichtet.
Über mögliche neue GATSVerpflichtungen, die zu einer Änderung
des deutschen Rechts führen, muss der Deutsche Bundestag mit
der Ratifizierung eines entsprechenden Verhandlungsergebnisses entscheiden.
Ich hoffe, dass ich bestehende Zweifel oder Unklarheiten ausräumen
konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Ditmar Staffelt
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