Berlin, 12.02.2003
Sehr geehrter Herr Fritz,
für Ihr Schreiben vom 14. Januar 2003 danke ich Ihnen auch
im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion.
Die SPD-Bundestagsfraktion teilt die Besorgnis Ihrer und anderer
Organisationen bezüglich der Marktöffnung für Dienstleistungen
im Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen
(GATS), die die öffentliche Daseinsvorsorge betreffen. Dazu
habe ich mich schon auf der attac-Veranstaltung zu GATS am 7. Februar
2003 geäußert. Dies gilt nicht nur für Liberalisierung
in Bereichen, die öffentliche Daseinsvorsorge berühren,
wie Wasserwirtschaft, Gesundheitswesen oder Bildung und Wissenschaft,
sondern auch für Bereiche wie zum Beispiel das Bauwesen, unternehmensnahe
Dienstleistungen oder Umweltdienstleistungen.
Aufgrund des komplizierten Verhandlungsverfahrens im GATS erscheint
es bedenklich, ohne die von der Enquete-Kommission empfohlene Flexibilität
des Abkommens und ohne Folgenabschätzungen vor Übernahme
weiterer Verpflichtungen, Entscheidungen auf EUEbene festzulegen.
Besonders der angestrebte enge Zeitrahmen, offenbar mit dem Ziel
in Genf schon EU-Vorschläge in die Verhandlungen einzubeziehen,
schließt eine angemessene Befassung der Parlamente und auch
der Zivilgesellschaft weitgehend aus.
Diese Besorgnis, verbunden mit der Forderung Bildung und Kultur
aus den GATS-Verhandlungen auszunehmen, wird im Antrag der Koalition
(Bundestags-Drucksache 15/224 "GATS-Verhandlungen - Bildung
als öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern")
zum Ausdruck gebracht. In diesem Antrag werden explizit die Erkenntnisse
und Empfehlungen des in Ihrem Schreiben erwähnten Abschlussberichts
der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft - Herausforderungen
und Antworten" (BT-Drs. 14/9200) aufgegriffen. Hier gibt es
also schon die in Ihrem Schreiben geforderte Debatte und Beschlussfassung
des Deutschen Bundestages. Weitere Initiativen sind geplant und
werden in der von der SPD-Fraktion eingerichteten Arbeitsgruppe
Weltwirtschaft und Globalisierung vorbereitet.
Wie Ihnen bekannt ist, hat die SPD-Bundestagsfraktion schon im
Jahre 2000 mit einer fraktions- und koalitionsinternen Anhörung
von Experten aus NGOs, Gewerkschaften, Kirchen und Regierung die
GATS-Problematik aufgegriffen. Die Ergebnisse dieser Anhörung,
an der Sie persönlich auch als Experte teilgenommen haben,
führten dazu, dass die SPD in der Enquete-Kommission darauf
gedrungen hat, das Thema GATS - gegen massiven Widerstand der großen
Oppositionspartei - zu behandeln, Gutachten einzuholen, intensiv
mit Sachverständigen zu diskutieren und schließlich Empfehlungen
auszusprechen.
Nach dem Neuzuschnitt des zuständigen Ressorts und der entsprechenden
Parlamentsgremien sind unsererseits bereits Gespräche zu den
GATS-Verhandlungspositionen geführt worden. Hier ging es unter
anderem um rechtzeitige Information des Parlaments.
An dieser Stelle darf ich noch einmal betonen, wie sehr die kritische
und konstruktive Begleitung der parlamentarischen Arbeit uns hilft,
unterschiedliche Positionen in unserer Gesellschaft zu wichtigen
Themen wie GATS abzugleichen, nachzufragen, zu diskutieren und mit
der Sensibilisierung für Probleme und erweiterten Kenntnisstand
die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen. Dafür danke
ich und freue mich auf die baldige Fortsetzung unserer Gespräche.
Mit freundlichem Gruß
Ihre Sigrid Skarpelis-Sperk
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