Berlin, 30. Januar 2003
Sehr geehrter Herr Fritz,
vielen Dank für Ihren Brief vom 14. Januar 2003, in dem Sie
Ihre Besorgnis über die laufenden Verhandlungen zum Allgemeinen
Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) in der
WTO zum Ausruck bringen.
Ich freue mich sehr, dass Sie sich dieses Themas annehmen. Denn
eine Liberalisierung aller Dienstleistungssektoren halte
auch ich für äußerst fragwürdig. Allein für
den Bereich der Kultur, für den ich in der SPD-Bundestagsfraktion
als Sprecher verantwortlich bin, bestehen weitreichende Bedenken
gegen eine Liberalisierung. Sie alle fußen auf der Überzeugung,
dass Kultur etwas qualitativ anderes ist als eine beliebige Handelsware.
Kultur ist als Ausdrucksform des Menschen und identitätsstiftendes
Element seinerselbst in einem demokratischen Staat (der den Anspruch
erhebt, Kulturnation zu sein) nach wie vor eine zentrale Aufgabe.
Die Bundeskulturpolitik und die Kulturpolitik der Länder müssen
meines Erachtens auch weiterhin darauf gerichtet sein, gesetzliche
Rahmen zu schaffen und Freiräume zu entwickeln, in denen Kultur
stattfinden kann und erfahrbar bleibt. Eine weitergehende Komerzialisierung
der verschiedenen Kultursparten ist von der SPDBundestagsfraktion
nicht erwünscht.
Dementsprechend haben die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/DIE
GRÜNEN einen Antrag "GATS-Verhandlungen - Bildung als
öffentliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern" in den
Bundestag eingebracht (Drucksache 15/224). Er ist am 16.01.03 in
erster Lesung zur Beratung an die Ausschüsse weiterverwiesen
worden. Im Antragstext wird die Bundesregierung u.a. aufgefordert,
sich im Bereich der audiovisuellen und kulturellen Dienstleistungen
dafür einzusetzen, dass Deutschland die Möglichkeit zur
Fortsetzung und weiteren Entwicklung seiner Kultur(-politik) aufrechterhält.
Angebote (offers) der EU sollen vermieden werden, damit kein Liberalisierungsdruck
von seiten der anderen WTO-Mitgliedsstaaten entsteht. Zu Ihrer Information
liegt der Antrag bei.
Ich hoffe, Ihnen einen Eindruck und die Gewißheit vermittelt
zu haben, dass die GATS-Verhandlungen von uns kritisch begleitet
werden. Auch wird das Thema GATS wohl neben der zweiten und dritten
Lesung des Antrags im Februar vor allem durch die Agebote (offers)
der EU bis März 2003 ein wünschenswerte größere
Öffentlichkeit gewinnen.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhardt Barthel
|