(2.7.2001) Hinsichtlich der Möglichkeiten, zur Zeit des
G8-Gipfels in Genua Demonstrationen und Gegenaktivitäten
abzuhalten, hat die italienische Regierung jetzt nachgegeben. Das
Treffen, das am 30.Juni zwischen Vertretern des Innen- und
Außenministeriums sowie dem Genoa Social Forum stattfand, war
das erste überhaupt. Denn obwohl das Bündnis seit Anfang des
Jahres Verhandlungen mit den politisch Verantwortlichen fordert, hat
die Mitte-Links-Regierung sie mit Verweis auf die Wahlen und den
Regierungswechsel verweigert, und die neue Rechtsregierung bis zur
allerletzten Minute hinausgezögert. Aber wenn die Demonstration
nicht verboten werden kann, weil die politischen Umstände das
nicht hergeben, ist es bei 150000 erwarteten TeilnehmerInnen auch
für eine reaktionäre Regierung nicht sinnvoll, keinerlei
Orte anzubieten.
Die Verhandlungen mit den Ministerien haben eine Reihe von Klarstellungen
erbracht:
- Die gelbe Zone ist aufgehoben. Das war ein breiter Gürtel um den
Hafenbereich, in dem der Gipfel tagt, der die gesamte historische Altstadt
umfaßte. Zuerst war geplant, daß dort nicht demonstriert werden, keine
Flugblätter verteilt und keine Menschenansammlungen stattfinden dürften.
Diese Restriktionen sind aufgehoben. Jetzt wird die Demonstration am
21.Juli der Route folgen, die das Bündnis ursprünglich vorgesehen hatte und
die nahe an der Absperrung der roten Zone vorbeiführt. Endgültig festgelegt
ist dies aber noch nicht.
Die Demonstration der Flüchtlinge und MigrantInnen am 19.Juli ist hingegen
noch offen; sie soll auch durch die rote Zone führen.
- Ein Bahnhof, Brignole, ist für den Zugverkehr geöffnet; alle anderen
bleiben geschlossen. Da alle Züge hier einlaufen, ist mit Verstopfungen zu
rechnen. Die Organisatoren des Genoa Social Forum raten daher, die
Ankunftszeiten der Sonderzüge zeitlich zu strecken. Von Mailand aus wollen
die DemonstrantInnen z.B. keine Sonderzüge einsetzen, sondern normale Züge
benutzen, an die zusätzliche Wagen angehängt werden. Die Anfahrt auf Genua
wird sich über mehrere Tage hinziehen.
- Die Autobahnausfahrten sind freigegeben, die Busse können in die Stadt.
Allerdings plant die Regierung, hier wie auch am Bahnhof Brignole
Kontrollstellen zu errichten.
- Die Grenzen sind offen, mit einer Ausnahme: am französisch-italienischen
Grenzübergang Ventimiglia wird das Schengener Abkommen außer Kraft gesetzt,
an den anderen Grenzen ist dies bisher nicht vorgesehen. An allen Grenzen
wird es Posten geben, die die Ausweise und das Gepäck kontrollieren. Die
Polizei hat überall die Befugnis, Menschen, die ihrer Meinung nach
verdächtig aussehen, zu stoppen. Der Willkür ist also wieder Tür und Tor
geöffnet. Genaueres legt am 13.Juni eine Innenministerkonferenz fest, die
nach dem Vorschlag des deutschen Innenminsters Schily auch über eine sog.
Hooligan-Verordnung berät.
- Wegen der gestiegenen Zahl an Kontrollstellen fordert die Regierung
zusätzlich zu den geplanten 10500 noch weitere Polizeikräfte an. Die
7000-8000 Militäreinheiten hingegen (Marines, Soldaten, Finanzpolizei,
Carabinieri) werden ausschließlich zur Überwachung des Hafens, des
Flughafens und der Telekommunikation eingesetzt. Der Fährverkehr bleibt
unterbrochen, der Hafen und das Hafenviertel völlig abgeriegelt. Die
Webseiten der Ministerien werden rund um die Uhr überwacht; laut
Pressemeldungen ist es brasilianischen Hackern dennoch gelungen, auf deren
Seite zu gelangen.
- Auch die Infrastruktur kann jetzt genutzt werden: für die Übernachtung
stehen Schulen, Turnhallen und Sportplätze bereit, es gibt Räume für die
Veranstaltungen des Gegengipfels. Sofern öffentliche Gebäude bereitgestellt
werden, werden diese rund um die Uhr polizeilich bewacht.
Angela Klein
|