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Studie: Ein Drittel der EU-Finanzregulierer mit Verbindungen zur Finanzindustrie

Strenge Regeln gegen Interessenskonflikte und Abkühlungsphasen nötig

Foto: <a href="https://corporateeurope.org/" target="_blank">Corporate Europe Observatory</a>

Zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise rotiert die Drehtüre zwischen der Finanzindustrie und der für ihre Regulierung zuständigen EU-Behörde munter weiter: Ein Drittel der führenden Beamten, die zwischen 2008 und 2017 in der Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (GD FISMA) arbeiteten, kamen entweder aus der Finanzindustrie oder wechselten nach ihrem Ausscheiden dorthin. Dies zeigt eine neue Studie des Politikwissenschaftlers Yiorgos Vassalos und der Brüsseler NGO Corporate Europe Observatory (CEO):

  • Vier von fünf ehemaligen Direktoren der GD FISMA arbeiteten danach für Unternehmen, die sie einst beaufsichtigten, oder für Lobbyfirmen, die diese Unternehmen vertreten. Jonathan Faull beispielsweise, Direktor von 2010 bis 2015, trat nach seinem Ausscheiden aus der Kommission im Jahr 2017 in die internationale PR- und Lobby-Agentur Brunswick ein.
  • Sechs von 27 Abteilungsleitern, die zwischen 2008 und 2017 für Finanzregulierung zuständig waren, und sieben von 22 stellvertretenden Abteilungsleitern haben vor ihrer Zeit in der GD FSIMA für die Finanzindustrie gearbeitet.
  • Der frühere Abteilungsleiter Miguel de la Mano wechselte zu Compass Lexecon, einer Tochtergesellschaft der auf Finanzregulierung spezialisierten FTI Consulting. Zu ihren Kunden zählen die Deutsche Börse, die Bank of New York Mellon, Vanguard, Citadel, Mastercard und die Managed Funds Association.
  • EU-Kommissare gehen mit schlechtem Beispiel voran: Zwei der drei zwischen 2008 und 2017 für Finanzregulierung zuständigen EU-Kommissare arbeiteten danach für den Finanzsektor. Damit wird den Beamten der GD FISMA signalisiert, dass die Drehtüre zwischen Politik und Konzernen ganz normal, wenn nicht sogar typisch für eine erfolgreiche Karriere ist.
  • "Die Drehtür zwischen der GD FISMA und der Finanzindustrie zeigt, dass vielen EU-Spitzenbeamten die nötige Distanz zu jenen Konzernen fehlt, die sie eigentlich regulieren sollten. Die Verbindungen gehen dabei weit über Vertrauen in die Expertise der Branche hinaus“, sagt Yiorgos Vassalos, Co-Autor der Studie. "Das Risiko, dass persönliche Karriereaussichten eine angemessene Regulierung gegen die Interessen der Branche verhindern, ist groß. Gleichzeitig trägt die GD FISMA durch die häufige Einstellung von Personal aus dem Finanzsektor zu einer unternehmensfreundlichen Ausrichtung bei."

Margarida Silva von CEO: "Die Vorschriften für potentielle Interessenkonflikte müssen dringend verschärft werden. Doch die Kommission will immer noch nicht erkennen, dass es sich beim Drehtüreffekt um ein systemisches Problem handelt. Die Ansicht, dass der Wechsel von einer Aufsichtsbehörde in die regulierte Branche ein ganz normaler Karriereschritt sei, muss endlich der Vergangenheit angehören."

CEO und Attac fordern strenge Regeln für Interessenkonflikte und Abkühlungszeiten mit Sanktionen, die verhindern, dass die Regulierer mit jenen Unternehmen sympathisieren, die sie eigentlich regulieren sollen.