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Scholz killt die Finanztransaktionssteuer

Vorschlag des neuen deutschen Finanzministers macht langjährige Verhandlungen zur Farce

Attac-Aktion nach Bekanntgabe von Macrons Plänen zur Verwässerung der FTS am 10. Oktober 2017

Bundesfinanzminister Olaf Scholz macht mit seinem Vorschlag, die geplante europäische Finanztransaktionssteuer (FTS) auf Aktien zu beschränken, eine verhängnisvolle Kehrtwende. "Scholz knickt vor der Finanzlobby ein, macht die mehr als fünfjährigen Verhandlungen von zehn EU-Ländern zur Farce und killt die Finanztransaktionssteuer", sagt Detlev von Larcher von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern. "Hand in Hand begraben Scholz und Macron die Finanztransaktionssteuer zugunsten einer schlichten Börsensteuer wie der britischen stamp duty."

Macron und Scholz wollen FTS beerdigen

Vor wenigen Tagen noch hatte Scholz erklärt, als neuer deutscher Finanzminister nun die Finanztransaktionssteuer durchzusetzen. In einem Gespräch mit der Zeitschrift "Der Spiegel" hat er nun seine Pläne offenbart: Statt sich für eine Finanztransaktionssteuer einzusetzen, greift Scholz den Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf: Besteuert werden sollen nur Aktien, nicht aber Derivate, die den überwiegenden Teil des Handels an den Finanzmärkten ausmachen und mit denen vor allem durch den Computerhandel riesige Summen zu Spekulationszwecken in Millisekunden hin- und hergeschoben werden.

Dass Scholz nur Aktien besteuern will, geht daraus hervor, dass er mit einem Steueraufkommen von nur fünf bis sieben Milliarden Euro rechnet – und zwar durch eine von allen 27 EU-Ländern erhobene Steuer. Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission, über den die zehn Länder verhandeln, geht dagegen von einem Aufkommen von 30 bis 35 Milliarden Euro allein in den zehn Ländern aus.

Finanzlobby hat sich wieder gegen die Mehrheit der Menschen durchgesetzt

Alfred Eibl vom Attac-Koordinierungskreis: "Was Scholz jetzt vorschlägt, hat mit einer Finanztransaktionsteuer nicht einmal den Namen gemein. Das Aufkommen ist viel zu gering, und eine Dämpfung des gefährlichen Hochgeschwindigkeithandels mit Derivaten ist offenbar gar nicht beabsichtigt. Damit hat sich die Lobby der Finanzindustrie wieder gegen die Mehrheit der Menschen in Deutschland und der EU durchgesetzt."

Das internationale Attac-Netzwerk setzt sich seit seiner Gründung vor 20 Jahren für eine Besteuerung von Finanztransaktionen ein, um Spekulation einzudämmen und die Kapitalmärkte zu stabilisieren. Die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer sollen zur Armutsbekämpfung und für den Klimaschutz verwendet werden – weltweit. Seit 2009 engagiert sich Attac Deutschland zusammen mit 100 weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Kampagne "Steuer gegen Armut".