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Politiker mit Argumenten gegen Pauschalierende Entgelte in der Psychiatrie konfrontiert

Fachanhörung der Initiative "Weg mit PEPP" / CDU schlägt Einladung aus


Initiative "PEPP nicht einführen!"

 

Seit Januar läuft die Testphase für das Pauschalierende Entgeltsystem in
Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) – obwohl sich fast alle
Fachverbände, die meisten Psychiatrie-Erfahrenen und die Deutsche
Krankenhausgesellschaft ausdrücklich dagegen ausgesprochen haben. Doch
der Protest verhallte ungehört; das Bundesgesundheitsministerium legte
den PEPP-Testlauf per Verordnung fest und plant die dauerhafte Einführung.

Bei einer Anhörung am Mittwoch in Berlin konfrontierte die Initiative
"Weg mit PEPP" daher die Politik mit den Argumenten der Fachwelt gegen
PEPP. Eingeladen waren die Mitglieder des jüngsten
Bundestags-Gesundheitsausschusses sowie weitere Gesundheitspolitiker.
Bis auf die CDU folgten Vertreter alle Fraktionen der Einladung.

"Das Pauschalierende Entgeltsystem wird den psychiatrischen
Krankheitsverläufen und damit den Bedürfnissen der Betroffenen nicht
gerecht", stellte Professor Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des
Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, fest. "Psychisch kranke Menschen
brauchen meist eine Sektoren übergreifende, integrierte Versorgung.
Anreize, die sich nur auf die Klinik beziehen und eine schnelle
Entlassung belohnen, gefährden die fachgerechte Behandlung vor allem
psychisch schwer kranker Menschen."

Klare Worte fand auch Professor Andreas Heinz, Klinikdirektor der
psychiatrischen Universitätsklinik der Charité: "PEPP verschlechtert die
Behandlungsqualität. Die Absenkung der Tagesentgelte nach
Verweildauerstufen setzt fatale betriebswirtschaftliche Anreize,
Patienten loszuwerden, deren Behandlungsbedarf dem Schema nicht
entspricht." Zudem könne der steigende Bedarf für
Krankenhausbehandlungen mit PEPP nur unzureichend aufgefangen werden.
Den Kliniken bleibe nur, mit demselben Personal mehr zu leisten oder die
Behandlung von betriebswirtschaftlich ungünstigen – also schwerer
kranken – Patienten zu vermeiden. Auch lasse die Fokussierung auf
stationäre Behandlungen bewährte Formen flexibilisierter Therapien –
insbesondere ambulant im Krankenhaus und im Lebensfeld – unberücksichtigt.

Und Professor Thomas Pollmächer, Vorsitzender der
Bundesdirektorenkonferenz – Verband leitender Ärzte und Ärztinnen der
Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie betonte: "Seit einigen
Wochen gibt es Belege dafür, dass wirklich tagesbezogen kalkulierte
Entgelte möglich sind, deshalb muss diese Alternative zum PEPP-System
jetzt zwingend praktisch geprüft werden".

Professor Peter Kruckenberg, Ärztlicher Direktor in Rente der Klinik für
Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Bremen-Ost sowie Beisitzer
der Aktion Psychisch Kranke (APK) sagte: "Die bisherige Umsetzung des
Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes – kurz KHRG – von 2009 durch die
Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie die Gesetzlichen und Privaten
Krankenversicherungen widerspricht dem Gesetzesauftrag und hat schon
jetzt erhebliche negative Einflüsse auf die Krankenversorgung. Die neue
Bundesregierung muss umgehend für einen Kurswechsel sorgen."

Brigitte Richter, Vorsitzende von Pandora, einem Verein für Selbsthilfe
Psychiatrie-Erfahrener, appellierte eindringlich an die Politik:
"Schaffen Sie dieses unglückselige Gesetz wieder ab! Lassen Sie sich
nicht von den Gesetzen des Profits befehlen, der Humanität den Garaus
machen. Helfen Sie mit, aus Menschen in seelischen Ausnahmezuständen
wieder wirklich seelisch stabile Menschen zu machen."


Gegen die Einführung des Pauschalierenden Entgeltsystems hat sich unter
dem Motto "Weg mit PEPP" eine breite Initiative aus Klinikleitungen,
Chefärzten, Psychotherapeuten, Sozialverbänden, Psychiatrie-Erfahrenen,
Angehörigen, der Gewerkschaft Verdi und sozialen Bewegungen gebildet.
Einem im Juli gestarteten Aufruf, mit dem die Bundesregierung
aufgefordert wird, PEPP nicht einzuführen, schlossen sich in wenigen
Tagen zahlreiche ärztliche Klinikleitungen, Chefärztinnen und Chefärzte,
Fachverbände sowie eine Vielzahl von Einzelpersonen an. Mittlerweile
sind es fast 5500 Unterzeichnende.

Für Rückfragen:

  • Dagmar Paternoga, Attac / Initiative "PEPP nicht einführen", Tel. 0157 7828 1458