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Hessisches Finanzgericht bestätigt Gemeinnützigkeit von Attac

Gemeinnütziges zivilgesellschaftliches Engagement schließt politisches Handeln nicht aus

Attac ist gemeinnützig. Das politische Engagement gegen die neoliberale Globalisierung steht seiner Gemeinnützigkeit nicht entgegen. Das hat das Hessische Finanzgericht in Kassel am heutigen Donnerstag entschieden. Die Richter gaben damit der Klage von Attac gegen das Finanzamt Frankfurt statt. Dieses hatte dem Netzwerk im April 2014 die Gemeinnützigkeit entzogen mit der Begründung, es sei zu politisch. Eine Revision ließen die Richter nicht zu.

In ihrer Urteilsbegründung folgen die Richter der Argumentation des Attac-Netzwerks, dass das Gesetz, die Abgabenordnung, gemeinnützigen Vereinen nicht grundsätzlich politische Aktivitäten verbietet. Dem Gesetzgeber sei es lediglich darum gegangen, eine (indirekte) Förderung politischer Parteien auszuschließen.
Ausschlaggebend für die Gemeinnützigkeit eines Vereins sei die Frage, ob er die in seiner Satzung benannten Zwecke verfolgt. Die Richter betonten, dass politische Aktivitäten einer Gemeinnützigkeit nicht entgegenstehen, sofern sie im Gesamtkontext eines gemeinnützigen Zwecks stehen und eingebettet sind in ein umfassendes Informationsangebot.
Gemeinnützige Zwecke wie Bildung, die Förderung des demokratischen Staatswesens oder Völkerverständigung seien dabei ohne Einflussnahme auf die politische Willensbildung kaum zu verfolgen. Insbesondere die gemeinnützigen Zwecke der Bildung (die auch politische Bildung umfasst) und der Förderung des demokratischen Staatswesens seien weiter zu fassen, als es das Finanzamt vertrete.

"Dieses Urteil ist ein Sieg für die gesamte Zivilgesellschaft und eine Ohrfeige für das Frankfurter Finanzamt. Eine moderne Demokratie braucht kritische Bürgerinnen und Bürger und starke Nichtregierungsorganisationen, die politische Entscheidungsprozesse aktiv begleiten und sich einmischen. Zivilgesellschaft und Politik sind nicht unterschiedliche Sphären, sondern gehören untrennbar zusammen. Das hat das Gericht anerkannt", sagte Dirk Friedrichs vom Vorstand des Attac-Trägervereins nach der Verhandlung. "Mit dem Engagement für eine demokratische Kontrolle der Wirtschaft, für soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit verteidigt Attac selbstlos das Gemeinwohl gegen mächtige wirtschaftliche Einzelinteressen. Wir freuen uns, dass wir uns nun wieder auf unsere Arbeit konzentrieren können und nicht mehr durch die Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit behindert werden."

Infolge der Entscheidung des Finanzamts durften Mitglieder und Unterstützer der Attac-Arbeit ihre Beiträge und Spenden nicht mehr von der Steuer absetzen, Stiftungen und andere Institutionen konnten Projekte von Attac nicht mehr fördern.

Attac setzt sich ein für eine Umverteilung des globalen Reichtums, eine strenge Regulierung der Finanzmärkte, einen gerechten Welthandel und umfassende soziale Sicherheit. Aktuell engagiert sich das Netzwerk vor allem gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada und den USA. Bei von Attac mit organisierten Demonstrationen sind am 17. September bundesweit mehr als 300.000 Menschen gegen CETA und TTIP auf die Straße gegangen.