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Bundesfinanzministerium behindert weiterhin Gemeinnützigkeit von Attac

Revision gegen Urteil des Hessischen Finanzgerichts zugelassen / Altmaier muss Schäuble-Weisung an Frankfurter Finanzamt zurücknehmen

Das Bundesfinanzministerium behindert weiterhin die Arbeit von Attac und beharrt auf einer Revision des Urteils des Hessischen Finanzgerichts in Kassel, das 2016 eindeutig Attacs Gemeinnützigkeit bestätigt hat. Wie am gestrigen Dienstag bekannt wurde, lässt der Bundesfinanzhof in München die Revision zu. Damit geht die rechtliche Auseinandersetzung um die Gemeinnützigkeit von Attac weiter. Solange das Verfahren läuft, ist das Kasseler Urteil nicht rechtskräftig.

"Wir fordern Finanzminister Peter Altmaier auf, die Weisung seines Vorgängers Wolfgang Schäuble an das Frankfurter Finanzamt umgehend zurückzuziehen und die Revision zurückzunehmen. Es ist bittere Ironie, wenn ausgerechnet das Finanzministerium einer Organisation die Gemeinnützigkeit absprechen will, die sich für Steuergerechtigkeit einsetzt", sagt Alfred Eibl vom Attac-Koordinierungskreis. "Statt zivilgesellschaftliches Engagement massiv zu erschweren, sollte Altmaier dafür sorgen, dass sich sein Ministerium um die wirksame Bekämpfung von Konzern-Steuertricks und Steueroasen kümmert."

Attac setzt sich seit seiner Gründung im Jahr 2000 für eine Finanztransaktionssteuer ein. Aktuell engagiert sich das Netzwerk mit einer länderübergreifenden Kampagne gegen die milliardenschweren Steuertricks von Apple, Ikea, Amazon und Co. sowie für einheitliche Gesamtkonzernsteuer in der Europäischen Union.

"Attac streitet für eine strenge Regulierung der Finanzmärkte, die gerechte Verteilung des globalen Reichtums, umfassende soziale Sicherheit und gerechten Welthandel. Wir verteidigen das Gemeinwohl gegenüber den mächtigen Einzelinteressen der Banken und Konzerne. Das ist gemeinnützig", sagt Dirk Friedrichs, Vorsitzender des Attac-Trägervereins. "Wir sind zuversichtlich, dass auch der Bundesfinanzhof unserer Sicht folgen wird. Unsere Arbeit verstößt an keiner Stelle gegen die Vorgaben der Gemeinnützigkeit."

Mit der Weisung an das Frankfurter Finanzamt, den Rechtsstreit weiterzuführen, trifft das Bundesfinanzministerium laut Attac die gesamte aktive Zivilgesellschaft. Dirk Friedrichs: "In einer globalisierten Welt, in der Wirtschaftsinteressen immer mehr Macht über das Leben der Menschen bekommen, sind starke NGOs unabdingbar. Demokratie braucht eine kritische Zivilgesellschaft, die politische Entscheidungsprozesse begleitet und sich einmischt."

Hintergrund

Mit der Behauptung, Attac sei zu politisch, entzog das Finanzamt Frankfurt Attac im Frühjahr 2014 die Gemeinnützigkeit. Insbesondere der Einsatz für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Vermögensabgabe diene keinem gemeinnützigen Zweck, hieß es zur Begründung. Im November 2016 gab das Hessische Finanzgericht in Kassel der Klage von Attac gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit voll statt. Das politische Engagement des Netzwerkes gegen die neoliberale Globalisierung stehe seiner Gemeinnützigkeit nicht entgegen, betonten die Richter.

Trotz dieses klaren Richterspruchs hat der Bundesfinanzminister das Frankfurter Finanzamt angewiesen, beim Bundesfinanzhof in München Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen. Am gestrigen Dienstag hat der Bundesfinanzhof die Revision ohne Begründung zugelassen. Solange das Verfahren läuft, ist das Kasseler Urteil nicht rechtskräftig. Attac kann vorerst weiterhin keine Spendenbescheinigungen ausstellen. Das Finanzamt fordert aber keine entgangenen Steuern zurück.

Gemeinsam mit anderen Organisationen hat Attac 2015 die Gründung der Allianz "Rechtssicherheit für politische Willensbildung" angestoßen. Die Allianz setzt sich für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht und eine Änderung der Abgabenordnung ein. Mehr als 80 Vereine und Stiftungen haben sich ihr angeschlossen – darunter beispielsweise auch Brot für die Welt, Amnesty International, Medico International, Oxfam, Terres des Hommes und Campact.