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Blockupy besteht auf öffentlichem Streitgespräch mit Polizei

"Dialogbereitschaft" der Polizei bisher reine PR-Maßnahme

Das Blockupy-Bündnis besteht auf einem öffentlichen Streitgespräch über die Polizeiübergriffe während der Blockupy-Aktionstage 2013. Die vom Frankfurter Polizeipräsidenten Achim Thiel wiederholt über die Medien – zuletzt in einem Pressegespräch am 28. März – propagierten Gesprächsangebote an Blockupy-Vertreter wertet das Bündnis bisher als reine PR-Maßnahme. "So lange sich Thiel und Einsatzleiter Harald Schneider einer öffentlichen Diskussion über den katastrophalen Polizeieinsatz vom 1. Juni 2013 entziehen, kann es keine informellen Runden zwischen Bündnisleuten und Polizeiführung geben", stellte Blockupy-Sprecher Werner Rätz klar.

Die Begründung des Polizeipräsidiums für seine Ablehnung einer öffentlichen Podiumsdiskussion ist fadenscheinig. "Bei dem Pressegespräch vergangene Woche behauptete der Polizeipräsident erneut, eine öffentliche Diskussion sei wegen der politischen 'Neutralität' seiner Behörde nicht möglich. Tatsächlich haben wir bereits vor zwei Wochen in einem Schreiben an Thiel klargestellt, dass es bei der öffentlichen Diskussion um polizeiliches Fehlverhalten wie den Kessel bei der Demo 2013 gehen soll – und nicht um die Politik der EZB", sagte Werner Rätz.

Das Bündnis kann sich ein Streitgespräch unter neutraler Moderation vorstellen, wie es etwa zwischen der Bonner Polizeipräsidentin und einem Bündnis gegen Neonazi-Aufmärsche konstruktiv geführt wurde. Diesen Vorschlag hatte ein Mitglied der Demonstrationsleitung von 2013 Einsatzleiter Schneider bereits Mitte März in einem Telefonat übermittelt.

Das Bündnis hält zielführende Vorgespräche mit der Polizei-Einsatzleitung für wünschenswert, wenn sie erkennbar dazu dienen, die Wahrnehmung des Versammlungsrechts zu ermöglichen und polizeiliche Übergriffe zu verhüten. Im vergangenen Jahr gab es von der Demonstrationsleitung dazu aktive Versuche, auf die die Polizeileitung nicht einging. Erst am Vortag der Demonstration kam es auf Drängen Blockupys endlich zu einem offiziellen Kooperationsgespräch – das sich aus Bündnissicht indes im Nachhinein eher als Täuschungsmanöver vor einem bereits geplanten Polizeikessel dargestellte.

"Das Misstrauen gegenüber der Frankfurter Polizei ist begründet und hat seine Ursache in deren Verhalten – während der Proteste und jetzt. Immer noch laufen gegen fast tausend Menschen aus dem Kessel willkürliche Ermittlungsverfahren. Zahlreiche Menschen – darunter Kinder und Senioren – wurden durch Schlagstockeinsätze und Pfefferspray verletzt", sagte Mani Stenner vom Blockupy-Bündnis.

Wenn die Frankfurter Polizeiführung nicht zu ihrer Verantwortung stehen und ihren Einsatz mit Hunderten Verletzen nicht öffentlich diskutieren will, bleibt die angebliche Dialogbereitschaft Propaganda. Das Blockupy-Bündnis wird sich das Demonstrationsrecht nicht nehmen lassen. Zur Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank, die im Herbst diesen Jahres geplant ist, bereitet das Bündnis zahlreiche Aktionen und eine Großdemonstration in Frankfurt vor.

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Dokumentation: Schreiben von Blockupy an das Präsidium vom 20. März 2014

Betreff: Ihr Schreiben vom 25. Februar 2014

Sehr geehrter Herr Thiel,

vielen Dank für Ihre Antwort auf unser Schreiben, das Ihnen am 31. Januar per Mail zugegangen ist. Wir hatten darin betont, dass wir Ihre öffentliche Initiative zu einem Gespräch zwischen Blockupy und der Frankfurter Polizei begrüßen.

Umso mehr erstaunt es uns nun, zu lesen, dass Sie nicht öffentlich über die Probleme reden wollen, die Anlass des Gesprächsbedarfs sind. Sie erwähnen als Grund die "gebotene polizeiliche Neutralität", die verbiete, "die Notwendigkeit des Protests gegen das europäische Krisenregime" zu erörtern.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Unser Gesprächsbedarf mit der Frankfurter Polizei bezieht sich auf das Verhalten der Polizeiführung im Vorfeld und der Einsatzkräfte während der Protestaktionen und Demonstration von 2013 sowie auf die Lehren daraus für künftige Anlässe. Ihre politische Neutralität zu damit verbundenen Sachthemen müssen Sie dabei nicht verletzen.

Dafür halten wir unbedingt eine öffentliche Diskussion für erforderlich – warum nicht z.B. als Streitgespräch unter neutraler Moderation? Erst danach könnten wir darüber entscheiden, ob weitere Gespräche in kleineren Runden außerhalb der offiziellen Kooperationsgespräche mit der Versammlungsbehörde Sinn ergeben.

Oder sollen wir Ihren Vorschlag, Gespräche "direkt und persönlich" zu führen, so verstehen, dass die Frankfurter Polizei sich zwar öffentlich im Zusammenhang mit Blockupy wegen der Verletzung von Bürgerrechten mehrfach von Gerichten korrigieren lassen musste, aber nicht bereit ist, darüber auch in der Öffentlichkeit zu sprechen?

Das wäre seitens der Polizei ein sehr eigenwilliges Verständnis demokratischer Grundrechtswahrnehmung durch die Bürgerinnen und Bürger.

Zumindest in anderen Bundesländern ist es durchaus Praxis, dass Polizeipräsidenten sich dem öffentlichen Dialog stellen, wenn das Verhalten der Polizei angesichts von notwendigem Bürgerprotest kritisiert wird. So diskutierte z.B. nach einem aus Sicht der Veranstalter unrechtmäßigen Polizeieinsatz vom 1. Mai 2012 die Bonner Polizeipräsidentin Frau Brohl-Sawa ebenso wie der damalige polizeiliche Einsatzleiter LPD Pfau am 10. Oktober 2012 öffentlich mit VertreterInnen des Bündnisses "Bonn stellt sich quer". Die Bonner Polizei hat inzwischen die Unrechtmäßigkeit ihres damaligen Einsatzes übrigens teilweise eingeräumt.

Verstehen wir Sie richtig, dass Sie eine solche demokratische Selbstverständlichkeit in Hessen nicht für möglich halten? Das würden wir sehr bedauern und regen an, den Innenminister in die Klärung dieser Frage einzubeziehen, der ja anlässlich eines Deeskalationstrainings Ihrer Behörde ebenfalls die Notwendigkeit des Dialogs mit den Bürgerinnen und Bürgern betont hat.

Mit freundlichen Grüßen,

im Auftrag des Blockupy-Bündnisses
Werner Rätz