Menü

Attac warnt vor rechten Montagsdemonstrationen

Neurechte Bewegung orientiert sich an NSDAP-Forderungen

Seit einigen Wochen finden in immer mehr Städten so genannte Montagsdemonstrationen statt, oft auch unter dem Namen "Friedensbewegung 2014". Jutta Ditfurth und das Weblog Spiegelfechter haben bereits darauf aufmerksam gemacht, dass diese Veranstaltungen von rechten Ideologen organisiert und maßgeblich bestimmt werden. Am Ostermontag, dem traditionellen Aktionstag der Friedensbewegung, ist damit zu rechnen, dass wieder viele derartige Veranstaltungen abgehalten werden. Möglich ist ebenfalls, dass die Rechten versuchen werden, Kundgebungen der Friedensbewegung zu infiltrieren.

Diese neue Aktionsform der Rechten orientiert sich offensichtlich an einer Veranstaltung, die seit mehreren Wochen montags in Berlin stattfindet. Für Ostermontag ist dort Andreas Popp als Redner angekündigt.

Andreas Popp gehört zur sogenannten Wissensmanufaktur, mit der er seit langem für einen "Plan B" wirbt, mit dem Untertitel "Revolution des Systems für eine tatsächliche Neuordnung". Popp und sein Mitautor Albrecht beziehen sich dort positiv auf die antisemitische Hetzschrift "Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft" von Gottfried Feder, den sie als "großen Wirtschaftstheoretiker" würdigen. Feder war bis 1933 einer der führenden Wirtschaftstheoretiker der NSDAP. Mit seinen Thesen zur Zinsknechtschaft und seiner antisemitischen Hetze hatte er großen Anteil an den Wahlerfolgen der NSDAP. In "Mein Kampf" streicht Hitler mehrmals die hohe Bedeutung heraus, die die Thesen Feders für ihn hatten.

Wer das "Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft" mit dem "Plan B" der Wissensmanufaktur vergleicht, der wird schnell zahlreiche Ähnlichkeiten finden. Tatsächlich macht der Plan B den Eindruck, als sei er eine aktualisierte und um einige Lehren Silvio Gesells erweiterte Fassung des Manifests von Feder. Feder diagnostiziert für seine Zeit eine Herrschaft des Finanzkapitals, der er den Namen "Mammonismus" gibt, die im Plan B ihre Entsprechung in der "Danistakratie" findet. In beiden Papieren ist eine zentrale Forderung die Abschaffung des Zinses und die Vergemeinschaftung des Geldsystems. Nach Umsetzung dieser Forderung ließen sich angeblich alle direkten und indirekten Steuern sparen.

Beide Papiere beruhen auf der Annahme, man könne Kapital in "gutes schaffendes Industriekapital" und "schlechtes raffendes Finanzkapital" einteilen. Während ersteres nach einiger Zeit eine Sättigung erfahre und aufhöre zu wachsen, wachse letzteres exponentiell weiter.

Diese von Feder gemachte Unterteilung in gutes Industriekapital und schlechtes Finanzkapital lässt sich empirisch nicht belegen. Ursache des Wachstumszwangs im herrschenden Wirtschaftssystem ist nicht der Zins, sondern der Profit, dem alle Kapitalarten gleichermaßen unterworfen sind. Auch wenn die Forderung nach Abschaffung des Zinses nach 1933 in der NSDAP keine große Rolle mehr spielte, hatten die  Irrlehren Feders eine große Bedeutung für die Propaganda der Nazis, lieferten sie doch nicht nur eine verschwörungstheoretische Begründung ihres Antisemitismus, sondern dienten auch dazu, einen angeblichen Interessensgegensatz zwischen "Volksgemeinschaft" und  ausländischem, angelsächsischen Finanzkapital zu konstruieren.

Die verzerrte Weltsicht aus Plan B und dem Manifest Feders, nach der das (angelsächsische) Finanzkapital über die Presse die Politik beherrsche, ist auch deutlich im zweiten Teil des Mottos  sichtbar, unter dem in vielen Städten zu  Kundgebungen der Rechten aufgerufen wird: "Für eine ehrliche Presse! & gegen die tödliche Politik der Federal Reserve (eine private Bank)".

Plan B ist ebenso realitätsuntauglich wie Feders Manifest, was  allein schon daraus ersichtlich wird, dass die Autoren die mit zweifelhaften Methoden ermittelte Höhe der Zinsaufwendungen doppelt verbuchen. Einmal wird wegen des Zinses ein Zinsenszinseffekt unterstellt, was implizit voraussetzt, dass der Zins nicht aus den laufenden Einnahmen, sondern durch einen weiteren Kredit aufgebracht wird. Gleichzeitig wird behauptet, dass durch die Abschaffung des Zinses 400 Mrd. Euro eingespart werden könnten – eine Summe, die  heute in allen Preisen stecke und nach Wegfall die Lebenshaltungskosten verbillige.

Jutta Ditfurth und die Autoren des Weblogs "Der Spiegelfechter", die schon früh auf die neurechten Botschaften dieser "Friedensbewegung" aufmerksam gemacht haben, sind derzeit mit zahlreichen Anfeindungen, bis hin zu Morddrohungen, konfrontiert. Unsere Solidarität gilt ihnen und anderen Autor_innen, die sich der gefährlichen Meinungsmache entgegenstellen!

Alle, die protestieren und sich dabei der Ideologie der Rechten verweigern wollen, können sich an den zahlreichen in den nächsten Wochen geplanten Aktivitäten beteiligen – etwa an den zahlreichen Ostermärschen der echten Friedensbewegung, den Demonstration und Kundgebungen von Gewerkschaften und linken Gruppen zum 1. Mai (inklusive der gegen alte und neue Nazis) sowie an den geplanten Aktivitäten während der Europäischen Aktionstage im Mai, zu denen das Blockupy-Bündnis aufruft.