Menü

Cum-Ex-Skandal: Fragwürdige Zusammenarbeit von Politik und Bankenlobby

Vorläufiger Abschlussbericht des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses im Bundestag ist enttäuschend

Der vorläufige Abschlussbericht des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses im Bundestag kommt zu dem Schluss, der Ausschuss sei "nicht erforderlich" gewesen und sieht keinen weiteren Handlungsbedarf. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit bedauert diese unkritische Einschätzung der Regierungsparteien.

Finanzministerium geht nicht entschlossen gegen betrügerische Geschäftsmodelle vor

Die Sondervoten der Opposition zum vorläufigen Abschlussbericht legen nahe, dass das Bundesministerium für Finanzen insgesamt zu langsam und mehrfach in nicht ausreichendem Maße vorgegangen ist, um die betrügerischen Aktivitäten von Banken, Investoren und Beratern zu unterbinden. Obwohl Hinweise auf Regulierungslücken vorlagen, wurde in Bezug auf die Cum-Ex-Geschäfte drei Jahre nicht gehandelt, in Bezug auf Cum-Cum-Geschäfte von ausländischen Konzernen ließ die große Koalition sogar sieben Jahre verstreichen. Die Einnahmeverluste werden auf über 31 Milliarden Euro beziffert.

Offensichtliche Einflussnahme des Bankenverbands auf die Gesetzgebung

Im Untersuchungsausschuss wurden auch mangelnde personelle Ausstattung und Sachkenntnis im Bundesfinanzministerium, im Bundeszentralamt für Steuern und auf Landesebene als Gründe genannt für die zeitliche Verschleppung und die unkritische Übernahme von Formulierungen der Bankenlobby. Dass beispielsweise die Nachbesserung der Gesetzgebung mit dem Jahressteuergesetz 2007 die Cum-Ex-Geschäfte nur für inländische Banken unterband, diese danach aber munter weiter über ausländische Banken abgewickelt wurden, scheint dem Ministerium bekannt gewesen zu sein.

"Die offensichtliche Einflussnahme des Bankenverbandes auf die Gesetzgebung ist entweder ein Armutszeugnis für die Personalpolitik und den Sachverstand der Finanzbehörden oder eine Vertuschung korrupten Verhaltens. Beides wäre aus unserer Sicht inakzeptabel und erfordert dringend Konsequenzen", kommentiert Karl-Martin Hentschel von Attac.

Ralf Krämer von Verdi: "Der Cum-Ex-Skandal wäre nur einer von vielen Fällen, bei denen die personelle Ausstattung der Finanzbehörden eine effektive Umsetzung steuerlicher Prinzipien nicht gewährleistet. So wurden beispielsweise 2016 nur elf von 489 Einkommensmillionären in Berlin steuerlich geprüft und die Zahl der Betriebsprüfer hat sich in Relation zur wachsenden Wirtschaftsleistung bundesweit als völlig unzureichend erwiesen. Ob hier von fehlgeleiteter Sparwut oder gezielter Vernachlässigung gesprochen werden kann, darüber können wir nur mutmaßen. Fakt ist aber, dass die besten Steuergesetze nichts nützen, wenn ihre Einhaltung nicht ausreichend überprüft wird."

Regierungsparteien wollen kein Fehlverhalten auf staatlicher Seite erkennen

"Im Abschlussbericht heißt es aus Sicht der Koalitionsparteien, der Untersuchungsausschuss sei nicht erforderlich gewesen. Dass die Regierungskoalition anscheinend kein Fehlverhalten auf staatlicher Seite erkennen kann und sich daher auch nicht mit der Opposition auf einen gemeinsamen Abschlussbericht einigen konnte, erweckt den Eindruck, dass hier die Verantwortung der früheren Finanzminister von CDU und SPD heruntergespielt werden soll", stellt Sarah Godar, Koordinatorin des Netzwerkes Steuergerechtigkeit, fest.

Im Netzwerk Steuergerechtigkeit engagieren sich Gewerkschaften, kirchliche und entwicklungspolitische Organisationen, soziale Bewegungen, Umwelt- und Menschenrechtsverbände, wissenschaftliche Institutionen und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen für eine am Gemeinwohl orientierte Steuer- und Finanzpolitik. Auch Attac ist aktiv im Netzwerk Steuergerechtigkeit.