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Stop Tax Dodging Report: Unterbietungswettlauf bei Unternehmenssteuern geht weiter

Deutschland ist Teil des Problems beim Kampf gegen Steueroasen

Obwohl beim Thema Steueroasen gerne auf exotische Inseln gezeigt wird, spielen europäische Staaten eine tragende Rolle beim internationalen Steuersenkungswettlauf, benachteiligen Entwicklungsländer im Rahmen von unfairen Doppelbesteuerungsabkommen und sträuben sich gegen notwendige Transparenzvorschriften bei der Bekämpfung von Steuervermeidung, -hinterziehung und Geldwäsche. Das ist das Ergebnis des neuen Stop Tax Dodging Reports von Eurodad, dem europäischen Dachverband von 18 Organisationen, die sich am Kampf gegen Steuervermeidung und -hinterziehung beteiligen, darunter das Netzwerk Steuergerechtigkeit, dem Attac angehört.

Schwerpunkt des diesjährigen Reports mit dem Titel "Tax Games: The Race to the Bottom“ ist die Unternehmensbesteuerung. Seit 1980, als der weltweite durchschnittliche Körperschaftsteuersatz bei über 40 Prozent lag, wurde dieser kontinuierlich abgesenkt und lag 2015 unter 25 Prozent. Und das Absenkungsrennen geht weiter. Aktuellstes Beispiel sind die Steuersenkungspläne in den USA, die eine Senkung der Körperschaftsteuer von 35 auf 20 Prozent vorsehen.

Der Report bewertet die Aktivitäten von 18 Mitgliedstaaten der EU in jeweils fünf Kategorien: In vier Kategorien bekam Deutschland diesmal die rote Lampe:

  1. Ownership Transparency: Deutschland hat kein öffentliches Register der Eigentümer von Firmen, wie es von der Kommission und dem EP gefordert wird (sechs EU-Staaten haben das bereits eingeführt).

  2. Public Reporting: Das Bundesfinanzministerium hat sich gegen öffentliche Berichte von Konzernen über ihre Gewinne und Aktivitäten in allen Staaten, in denen sie tätig sind, ausgesprochen.

  3. Tax Treaties: Deutschland hat mit zahlreichen Entwicklungsländern unfaire Verträge abgeschlossen (erzwungen).

  4. Global Solutions: Deutschland spricht sich gegen eine UN-Steuer-Behörde aus, an der dann alle Staaten im Kampf gegen Steuervermeidung beteiligt wären.

  5. Schädliche Praktiken wie Patentboxen: Hier hat Deutschland sein einziges grünes Ampellicht bekommen.

Die positive Bewertung im letzten Punkt ist nach Ansicht von Attac allerdings zu kritisieren. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat mehrfach vorgeschlagen, dass auch Deutschland Patentboxen einführt. Außerdem fungiert Deutschland weiter selbst als Steueroase für Magnaten aus aller Welt, die ihr oft durch illegale Geschäfte (Drogen, Waffen, Ausbeutung, Rohstoffraub) erworbenes Geld sicher unterbringen wollen und denen es dabei nicht auf den Zinssatz ankommt. Deutschland punktet also mit Intransparenz und Verschwiegenheit.

Am besten schneidet bei dem Bericht das europäische Parlament ab, dass aber kaum Kompetenzen hat und dessen Beschlüsse regelmäßig von den nationalen Regierungen im Finanzministerrats Ecofin abgelehnt werden.

Attac fordert, dass der Report ernst genommen wird. Das wichtigste ist es, mehr Transparenz herzustellen, um effektiver gegen Steuervermeidung multinationaler Konzerne, Steuerhinterziehung, Korruption und Geldwäsche vorzugehen. Schließlich wird ein beträchtlicher Teil der aus ärmeren Ländern abfließenden Vermögen in Europa gehalten. Zudem muss das internationale System der Unternehmenssteuern endlich von der einzelbetrieblichen und nationalen Gewinnerhebung auf das System der Gesamtkonzernsteuer umgestellt werden, wie es schon lange vom europäischen Parlament gefordert wird. Die neue Bundesregierung sollte hier Vorreiterin für ein gemeinsames europäisches Vorgehen sein. Denn: Beim Race to the Bottom verlieren alle Staaten.